"Der Fehler ist gemacht" Münteferings SPD-Schelte
15.03.2008, 11:50 UhrDer frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat in einem internen Papier deutliche Kritik am Kurs seines Amtsnachfolgers Kurt Beck geübt. Das berichtet "Der Spiegel". "Der Fehler ist gemacht", schreibt Müntefering zu Becks Vorgehen, zunächst Bündnisse mit der Partei Die Linke im Westen auszuschließen und sie dann doch zuzulassen. Nun müsse der Schaden begrenzt werden.
"Nach diesem Vorlauf kann es keine optimale Lösung geben. Der Zeitpunkt der Debatteneröffnung macht die Sache noch fataler", heißt es in dem Papier, das Müntefering bereits Ende Februar an die SPD-Spitze übermittelt habe. Der frühere Vizekanzler warnt zugleich vor einem Linksschwenk und einer Abkehr von der Reform-"Agenda 2010". "Die inhaltliche Debatte dazu muss bald beginnen. Dabei darf das Regierungshandeln der SPD seit 1999 bis 2009 nicht dementiert werden, ohne jedoch bei ihm zu verharren."
Zur Frage, wer die SPD als Kanzlerkandidat in die Wahl 2009 führen solle, schreibt Müntefering, die Sozialdemokraten sollten für die Bundestagswahl eine Regierungszusammenarbeit mit der Linken ausschließen. "Das muss sich auch in den Personalentscheidungen der SPD klar abzeichnen."
Im Interesse des Landes
Kritik übt der frühere Arbeitsminister auch am Erscheinungsbild der großen Koalition insgesamt. "In einer wichtigen, global, ökonomisch, ökologisch und sozial anspruchsvollen Phase der nationalen und internationalen Politik braucht Deutschland keine politische Geschäftsführung der Routine auf niedrigem Niveau, sondern eine politische Führung mit dem Mut und der Kraft zur Zukunftsfähigkeit." Und weiter: "Es wird ernst. Das kommende Jahrzehnt muss vorgedacht und vorbereitet werden. Die Interessen des Landes und damit die der Menschen dieses Landes dürfen nicht an der Unfähigkeit der Gewählten zum verantwortlichen gemeinsamen Handeln Schaden nehmen."
Die "Stones" sind auch gut
Unterdessen hat SPD-Fraktionschef Peter Struck neben Beck auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Finanzminister Peer Steinbrück als möglichen sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten ins Spiel gebracht. Den ersten Zugriff auf die Kandidatur habe aber SPD-Chef Beck, sagte Struck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Der Parteivorsitzende ist der natürliche Kanzlerkandidat", unterstrich er. Entschieden sei aber noch nichts. Das stehe Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres an. Weitere Namen nannte er nicht. Auf die Frage, ob er den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, aus Versehen unerwähnt gelassen habe, antwortete Struck. "Nein. Nicht aus Versehen."
Beck hat für seinen Kurswechsel hin zur Linkspartei in den eigenen Reihen viel Kritik geerntet und war in der Folge in Umfragen mit seinen Sympathiewerten drastisch abgestürzt. Beck hatte nach der Hessen-Wahl den Landesverbänden freie Hand für eine Kooperation mit der Linkspartei gegeben. Steinmeier und Steinbrück gelten als Kritiker dieser Öffnung.
Quelle: ntv.de