Trotz UN-Erklärung Mugabe lässt wählen
24.06.2008, 16:02 UhrUngeachtet der Kritik des Weltsicherheitsrats will Simbabwe an der für diesen Freitag geplanten Stichwahl um das Präsidentenamt festhalten. Das höchste UN-Gremium hatte angesichts der grassierenden Gewalt in dem afrikanischen Land den Urnengang als unmöglich bezeichnet. Zugleich forderte der Weltsicherheitsrat ein Ende der Übergriffe und die Freilassung der inhaftierten Oppositionspolitiker. Zuvor hatte auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon eine Verschiebung des Urnengangs verlangt. Simbabwes UN-Botschafter Boniface Chidyausiku betonte dagegen, die Stichwahl werde wie geplant durchgeführt.
Eine Verurteilung von Simbabwes Präsident Robert Mugabe durch den Weltsicherheitsrat scheiterte nach Medienberichten am Widerspruch einer von Südafrika geführten Gruppe. Es gebe zurzeit nur eine Regierung, und das sei die von Mugabe, so Südafrikas UN-Botschafter Dumisani Khumalo im nationalen Rundfunk. Der Sicherheitsrat könne nicht für die Simbabwer die Regierung bestimmen.
Nach Ansicht des südafrikanischen ANC-Präsidenten Jakob Zuma ist die Lage im Nachbarland völlig außer Kontrolle geraten. "Gebraucht wird jetzt eine politische Lösung und später dann eine Wahl", sagte Zuma, Vorsitzender des am Kap mit Zweidrittel-Mehrheit regierenden Afrikanischen National-Kongresses (ANC) von Nelson Mandela. Zu Zeiten des Befreiungskampfes hätten seine und Mugabes ZANU(PF)-Partei noch gemeinsame Werte gehabt. Dies sei längst Vergangenheit. Der angesehene britische Außenpolitiker Paddy Ashdown warnte vor einem "Völkermord" in Simbabwe.
Mbeki hat Schlüsselrolle
"Die Situation in Simbabwe könnte sich so weit verschlechtern, dass ein Völkermord die Folge sein kann - das könnte so etwas wie ein weiteres Ruanda werden", warnte Ashdown, ehemals Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina der EU. Die diplomatischen Bemühungen seien nicht "hoffnungslos". Südafrikas Präsident Thabo Mbeki sei aufgerufen, sein Schweigen zur Lage im Nachbarland zu brechen. Ihm komme eine Schlüsselrolle zu.
In Harare beschuldigte Polizeichef Augustine Chihuri Oppositionschef Morgan Tsvangirai eines verzweifelten Exhibitionismus. Tsvangirais Flucht in die niederländische Botschaft in Harare am Sonntag kurz nach der Bekanntgabe seines Rückzugs von der Stichwahl gegen Mugabe sei ein Versuch, international Mitleid zu erregen. Ein Mitglied von Tsvangirais Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) erklärte im südafrikanischen Rundfunk, der Parteichef wolle binnen 48 Stunden die Botschaft verlassen. Voraussetzung sei jedoch, dass seine Sicherheit gewährleistet sei.
Neue Gewalt
Der MDC-Abgeordnete Elias Mudzuri berichtete über neue gewalttätige Übergriffe. Auf den Straßen hätten jugendlich radikale Mugabe-Anhänger Sperren errichtet. Ein örtlicher Internet-Provider begründete die Unterbrechung seiner Dienste in den Tagesrandzeiten mit der Sorge um seine Mitarbeiter, die bei Dunkelheit der Gewalt schutzlos ausgesetzt wären.
Radikale Mugabe-Anhänger hatten am Sonntag eine genehmigte MDC- Wahlkampfveranstaltung gewaltsam verhindert. Durch ihr brutales Vorgehen wurden nach Angaben von Ärzten mindestens 86 Menschen schwer verletzt. Die Opposition geht mittlerweile von mindestens 90 Toten seit dem ersten Wahlgang am 29. März aus. Mugabe tut die Berichte als Erfindung des Westens ab.
Quelle: ntv.de