Politik

Mann ohne Gewissensbisse Murdoch kann ruhig schlafen

Rupert Murdoch ist schon ewig im Geschäft.

Rupert Murdoch ist schon ewig im Geschäft.

(Foto: Reuters)

Großbritannien wartet gespannt auf die Aussage des Medienmoguls Murdoch vor einem Untersuchungskomitee des Unterhauses. Der 80-Jährige soll Licht in die Verstrickungen seines Unternehmens in illegale Recherchemethoden bringen. Murdochs deutscher Biograph glaubt jedoch, die aktuellen Vorgänge dürften Murdoch kaum schlaflose Nächte bereiten.

Mit cleveren Zukäufen, geschickten Manövern und einer Menge Geschäftssinn hat Rupert Murdoch in den vergangenen sechs Jahrzehnten sein Medienimperium News Corporation auf- und immer wieder ausgebaut. Bisher deutet nichts darauf hin, dass der inzwischen 80-Jährige auch nur im Entferntesten darüber nachdenkt, sich aufs Altenteil zurückzuziehen.

Gerade kümmert sich Murdoch persönlich um die Dinge in London.

Gerade kümmert sich Murdoch persönlich um die Dinge in London.

(Foto: dpa)

"Wer erwartet, dass er in Rente geht, wird sehr enttäuscht sein", sagte der australische Journalist Hugh Lunn anlässlich Murdochs 80. Geburtstag am 11. März. Rupert sei "weit davon entfernt", sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Das war vor dem Abhörskandal. Einen Rückzug inmitten der heftigen Kritik in Großbritannien fände Murdoch wahrscheinlich nun erst recht kaum angemessen.

Murdochs deutscher Biograph Wolfgang Koschnick beschreibt den Medienzar als "stockkonservativen, aber zugleich auch extrem erfolgsorientierten Unternehmer". Dies werde gerade jetzt in der Krise besonders deutlich. "Murdoch ist ein trockener Pragmatiker, ohne jede Spur von Größenwahn", sagt Koschnick im Gespräch mit n-tv.de.

Langweilig und normal

Murdoch zog schnelle Konsequenzen.

Murdoch zog schnelle Konsequenzen.

(Foto: dpa)

"Er ist kein Citizen Kane und auch kein Howard Hughes. Wer sich mit seiner Persönlichkeit beschäftigt, wird vergebens nach wahnhaften Zügen, krankhaftem Irrsinn oder wenigstens nach den schrulligen Obsessionen eines Sonderlings suchen. Murdoch ist auf geradezu langweilige Weise normal." Und Murdoch weiß, wann er handeln muss. Deshalb ist für Koschnick die Einstellung der "News oft the World" in jeder Hinsicht folgerichtig. "Er hat kapiert, dass er überzeugend handeln muss. Und das hat er getan."

Auch die Entschuldigungskampagne, die die persönliche Handschrift Murdochs trägt, hält Koschnick für zutiefst glaubwürdig. Murdoch habe sich sowohl bei den Lesern als auch besonders bei den Eltern der ermordeten Milly "als Person ganz ehrlich entschuldigt. "Nach den konservativen Wertvorstellungen, die Murdoch hat, ist er sich darüber im Klaren, dass das unanständiges Benehmen war."

Von der Pike auf

Murdoch ist Sohn eines angesehenen australischen Journalisten und arbeitete auch selbst als Journalist. Mit dem Tod seines Vaters erbte der gebürtige Melbourner 1952 mit Anfang 20 zwei Zeitungen: "The Aidelaide News" und die "Sunday Mail". Sie waren der Ausgangspunkt für den Aufbau seiner milliardenschweren Mediengruppe. Sein News-Corp-Konzern ist heute in Australien, Europa, Asien, Lateinamerika und in den USA vertreten. Neben Zeitungen, Magazinen und Buchverlagen gehören auch zahlreiche Kabel- und Satellitensender zum Konzern - Umsatz im Jahr 2010: 33 Milliarden US-Dollar (23 Milliarden Euro).

Murdoch startete in Australien.

Murdoch startete in Australien.

(Foto: REUTERS)

Nach der Eroberung des australischen Zeitungsmarktes begab sich Murdoch 1969 auf Einkaufstour nach Großbritannien. Jahre nach seinem Studium der Volkswirtschaft in Oxford kaufte er dort die "News of the World" und "The Sun". Später griff er nach der renommierten "Times" und der "Sunday Times." Um auch auf dem Medienmarkt in den USA Fuß fassen zu können, erwarb Murdoch 1985 die US-Staatsbürgerschaft. Dort verleibte er seinem Konzern den Fernsehsender Fox News und die angesehene Wirtschaftszeitung "Wall Street Journal" ein.

Cleverer Manager

Kritiker werfen dem 80-Jährigen immer wieder vor, seine private Meinung zur Meinung seiner Zeitungen und Fernsehsender zu machen. Diese Tendenz sieht auch Koschnick, der glaubt, dass Murdoch genau das im Prinzip auch für völlig in Ordnung hält. Allerdings setze er seine persönlichen Überzeugungen nicht in jedem Einzelfall und nicht gegen jede Vernunft durch.

Inzwischen setzt seine Mediengruppe weltweit Millarden um.

Inzwischen setzt seine Mediengruppe weltweit Millarden um.

(Foto: AP)

"Wenn er das bei seinen Prestigezeitungen wie dem 'Wall Street Journal', der 'Times' oder des 'Australian' täte, würde er sofort auf Granit beißen. Deshalb tut er das nicht. Er hat ja einige Jahre lang eine für amerikanische Verhältnisse ausgesprochen linke Zeitschrift herausgegeben, den 'New Yorker'. Die hat er als Zugabe dazubekommen, er wollte sie gar nicht haben. Aber er hat sie völlig frei operieren lassen, und der Zeitschrift ging es mit den Mitteln aus dem Murdoch-Konzern besser als je zuvor."

Murdoch entzieht sich der einfachen Bewertung, beispielsweise in der Frage, wie er es mit den illegalen Abhörpraktiken gehalten hätte. Koschnick ist überzeugt, dass Murdoch nicht davon wusste. "Rupert Murdoch führt mit großem Erfolg einen globalen Medienkonzern. Er hat keinen Grund, sich darum zu kümmern, was die Reporter seiner weit mehr als 100 Zeitungen im Einzelnen treiben. Täte er das, wäre er ein miserabler Manager, das ist er aber nicht." Murdoch sei aber auch kein herzensguter Verleger, dem nichts Böses zuzutrauen sei. "Ganz im Gegenteil, hätte Murdoch von den Abhörpraktiken gewusst, hätte er vermutlich nichts dagegen gehabt. Er hätte höchstens etwas dagegen gehabt, dass die sich erwischen lassen."

Nachdem sie sich nun doch erwischen ließen, sind die Auswirkungen für Murdoch spürbar. Plötzlich muss er sich dafür rechtfertigen, dass er mit der Politik auf Du und Du war. Koschnick nennt dies ein "lächerliches Schauspiel". Murdochs unternehmerisches Engagement sei nur im Kontakt mit der Politik möglich, weil die über Kartelle, Lizenzen und Gesetze entscheide. "Es ist ja nicht so, dass Murdoch unbedingt die private Gesellschaft der Politiker gesucht hat. Die Politiker haben eher seine Nähe gesucht, weil sie davon ausgingen, dass er Wahlen beeinflussen kann. Diesen Wunsch hatte er möglicherweise auch. Es ist nur die Frage, ob sich nicht beide Seiten geirrt haben."

Englandgeschäft sind Peanuts

Schmerzhafter als dieser Teil der Affäre dürfte der geplatzte Kauf von BSkyB für Murdoch sein. Der Konzern sollte eigentlich durch den Zukauf der restlichen Anteile des britischen Bezahlsenders noch weiter wachsen. Doch angesichts der neuen Enthüllungen in der Abhöraffäre zog Murdoch die Reißleine. Nach der Einstellung der "News of the World" blies er die BSkyB-Übernahme kurzerhand ab. "Andererseits, im Vergleich zu dem, was er mit Fox-Television in den USA verdient, sind das auch Peanuts."

James Murdoch wird seinen Vater wohl nicht so schnell beerben.

James Murdoch wird seinen Vater wohl nicht so schnell beerben.

(Foto: Reuters)

Überhaupt widerspricht Koschnick vehement dem Eindruck, für Murdoch senior könnte die Götterdämmerung begonnen haben. Ein schnellerer Übergang auf Sohn James scheint ihm nicht sehr plausibel. "James Murdoch war intensiver in die Situation in Großbritannien verstrickt als sein Vater, der ja hauptsächlich in den USA agiert. Insofern wäre James eine schlechte Wahl." Denkbar wäre hingegen, dass sich Murdoch einfach von allen britischen Zeitungen trennt. "Sein Hauptgeschäft sind die Zeitungen in England längst nicht mehr. Die hält er sich eigentlich schon fast als eine Art Hobby, die 'Times' hält er mit jährlich 45 Millionen Pfund am Leben. Das Geld verdient er inzwischen längst mit Fernsehen und Radio in aller Welt." Damit ist sein Unternehmen durch die aktuellen Entwicklungen kaum gefährdet.

Zudem sei Murdoch "keiner von denen, denen das so zu Herzen geht. Wenn Sie seine Geschichte verfolgen, dann ist er schon durch wirklich heftige Stürme hindurchgegangen. Als er die 'Fleet Street' in London zerschlagen hat, hat er fast einen Bürgerkrieg ausgelöst, da ist das jetzt nur ein Sturm unter vielen. Inzwischen ist er eine gestandene Persönlichkeit. So kleine Gewissensbisse, die machen ihm nicht viel aus."

Quelle: ntv.de, mit AFP

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