Tote bei Angriff auf Sinai-Grenzposten Mursi kündigt Vergeltung an
06.08.2012, 07:02 Uhr
Ägyptens Präsident Mursi berät sich mit Militär und Sicherheitskräften über die Lage.
(Foto: REUTERS)
16 Soldaten und mehrere Terroristen sterben bei einem Angriff auf einen ägyptisch-israelischen Grenzposten auf dem Sinai. Israels Luftwaffe stoppt die Täter, die auf israelisches Gebiet gelangen. Die Herkunft der Täter ist unklar. Nach ägyptischen Angaben handelt es sich um Islamisten aus dem Gazastreifen. Präsident Mursi kündigt eine harte Antwort an.
Bei einem Überfall auf einen ägyptischen Sinai-Kontrollposten an der Grenze zu Israel sind 16 Soldaten ums Leben gekommen. Das berichtete das ägyptische Staatsfernsehen. Sieben Soldaten seien verletzt worden. Nach israelischen Angaben wurden mehrere Terroristen getötet.
Der ägyptische Präsident Mohammed Mursi traf sich zu einer Krisensitzung mit dem Militärrat, dem Chef des Geheimdienstes und dem Innenminister, berichtete die ägyptische Zeitung "Al-Ahram". Mursi kündigte eine harte Antwort auf den Anschlag an. Die Sicherheitsorgane würden die Kriminellen, die den Anschlag verübt hätten, fassen, sagte Mursi im Fernsehen. Ägypten werde den Sinai wieder unter seine Kontrolle bringen. Das ägyptische Militär leitete eine großangelegte Suchaktion nach möglichen überlebenden Terroristen ein. Helikopter sowie Spezialeinheiten der Armee durchkämmten die Grenzregion.
Ein Sprecher des Präsidialamts in Kairo sagte im Staatsfernsehen, der Sicherheitsapparat versuche mit Hochdruck, die Identität der Attentäter zu klären. Zunächst bekannte sich keine Gruppe zu dem Überfall. Das israelische Militär vermutete Beduinen und islamische Gotteskrieger hinter den Anschlägen, in Ägypten war von einer bislang unbekannten Gruppe aus dem Gazastreifen die Rede. Das aber wurde von der dort herrschenden radikal-islamische Hamas dementiert. Die Hamas kündigte aber die sofortige Schließung der Tunnel nach Ägypten an. Ägypten schloss unterdessen den Grenzübergang Rafah für unbestimmte Zeit.
Israelische Luftwaffe greift ein
Nach ersten Erkenntnissen sollen schwer bewaffnete Extremisten die Grenzsoldaten am Sonntag nach Einbruch der Dunkelheit beim Fastenbrechen im Ramadan überfallen und beschossen haben. Die Angreifer seien anschließend mit entwendeten Patrouillenfahrzeugen zum Grenzübergang Karm Abu Salem (Hebräisch: Kerem Schalom) gefahren und hätten auf israelisches Territorium gefeuert. Der Grenzübergang befindet sich in der Nähe zum Gazastreifen.
Eine israelische Militärsprecherin teilte mit, dass zwei Fahrzeuge nach dem gewaltsamen Grenzübertritt gestoppt worden seien. Ein Auto sei explodiert, das zweite aus der Luft von den israelischen Streitkräften zerstört worden. Die israelische Zeitung "Jerusalem Post" berichtete, sechs Terroristen seien von israelischen Soldaten getötet worden. Der israelische Onlinedienst "Ynet" berichtete, vier Leichen seien auf der israelischen Seite gefunden worden, drei auf der ägyptischen.
In der israelischen Grenzregion seien am Abend zudem Dutzende Raketen und Mörsergranaten eingeschlagen, berichtete die Zeitung "Haaretz". Die israelischen Bewohner des Gebietes wurden aufgefordert, sich in ihren Häusern zu verbarrikadieren. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak rief die ägyptische Regierung zu einem entschlossen Handeln auf, um Terrorangriffe im Sinai zu verhindern.
Israel baut Grenzzaun zum Sinai
Im ägyptisch-israelischen Grenzgebiet ist es seit dem Sturz des ägyptischen Machthabers Husni Mubarak im Februar 2011 immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen mit islamischen Extremisten gekommen. Die ägyptischen Sicherheitskräfte verloren dabei einen Teil ihrer Kontrolle über den Sinai. Vor zwei Monaten hatten israelische Soldaten zwei schwer bewaffnete Männer erschossen, die nach Angaben des Militärs von Ägypten aus über die Grenze gekommen waren. Im vergangenen August hatten Terroristen, die vom Sinai gekommen waren, nördlich von Eilat acht Israelis getötet. Auch die Gaspipeline im Norden des Sinai, die Israel und Jordanien versorgt, wird immer wieder Ziel von Anschlägen.
Gemäß dem israelisch-ägyptischen Friedensvertrag von 1979 ist auf der Sinai-Halbinsel nur wenig Militär stationiert. Allerdings befinden sich dort zahlreiche Badeorte, die für die ägyptische Tourismusindustrie von großer Bedeutung sind. Im vergangenen Jahr hatte Israel der ägyptischen Armee jedoch aufgrund der veränderten Lage erlaubt, Panzer und Soldaten in die Region zu entsenden. Israel baut derzeit einen Sicherheitszaun zum Sinai, der Terroristen, Schmuggler und illegale Einwanderer abhalten soll. Der Zaun, der etwa 230 Kilometer lang werden soll, ist nach Angaben der israelischen Armee von Mitte Juni fast fertig.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts