Libyens Rebellen wollen mehr Beistand NATO erhöht Druck auf Sirte
29.08.2011, 12:39 Uhr
In Misrata bereiten die Rebellen derzeit Panzer für einen eventuellen Einsatz in Sirte vor.
(Foto: REUTERS)
Die libyschen Rebellen wollen die Gaddafi-Heimatstadt Sirte möglichst auf friedlichem Wege übernehmen. Bei den Verhandlungen mit den ansässigen Stammesführern können sie auch das Druckmittel NATO ausspielen – das Militärbündnis hat seine Angriffe auf die Stadt verstärkt. Bundeskanzlerin Merkel wird am Donnerstag zu einer Libyen-Konferenz nach Paris reisen.
Die NATO hat ihre Luftangriffe auf wichtige militärische Ziele in der libyschen Stadt Sirte verstärkt. In der Umgebung der Heimatstadt des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi beschoss das Militärbündnis unter anderem vier Radarstationen sowie zwei Boden-Luft-Raketensysteme, wie die NATO mitteilte. Auch drei Militärfahrzeuge waren Ziel der Angriffe. Bereits in den vorangegangenen Tagen hatte das Militärbündnis mehrere Ziele in Sirte angegriffen, darunter zahlreiche Militärfahrzeuge.
Indes kommen die libyschen Rebellen bei ihren Vorbereitungen zur Erstürmung von Gaddafis letzter Bastion nur langsam voran. Für die Operation würden mehr erfahrene Kämpfer gebraucht, berichtete eine Korrespondentin des Nachrichtensenders Al-Dschasira. Die Kräfte seien aber derzeit noch damit beschäftigt, die eingenommene Hauptstadt Tripolis zu befrieden.
Rebellen wollen friedliche Übernahme

Eine Erstürmung der Gaddafi-Bastion will der Übergangsrat mit allen Mitteln verhindern.
(Foto: REUTERS)
Noch immer verhandelt die Übergangsregierung mit Stammesführern in Sirte über eine friedliche Übergabe der Stadt. "Wir gehen langsam voran", sagte Rebellen-Sprecher Mohammad Sawawi. Den Verhandlungen über eine Kapitulation der Stadt müsse Zeit gegeben werden.
Ein Befehlshaber der Rebellen im Osten erklärte, seine Einheiten stünden rund 100 Kilometer östlich von Sirte. Einem Kommandeur in der westlich von Sirte gelegenen Stadt Misrata zufolge befinden sich Rebellenverbände 30 Kilometer von der Stadt entfernt. "Wir glauben, dass die Situation in Sirte friedlich gelöst wird", erklärte er.
Gaddafi wurde 1942 in der Nähe von Sirte geboren. Während seiner 42-jährigen Herrschaft baute er das verschlafene Fischerdorf zu einem bedeutenden Machtzentrum mit rund 100.000 Einwohnern aus. Ob sich der gestürzte Diktator derzeit dort aufhält, ist nicht bekannt.
Dschalil fordert militärische Unterstützung
In der katarischen Hauptstadt Doha forderte der Chef des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdel Dschalil, die internationale Militärkoalition noch einmal eindringlich zur Fortsetzung ihrer Operation auf. Gaddafi stelle "noch immer eine Gefahr" dar – nicht nur für die libysche Bevölkerung, sondern auch für die gesamte Welt. Dschalil sprach zur Eröffnung eines Treffens der Armeechefs der am Militäreinsatz beteiligten Länder.
Der Verteidigungsminister der Rebellen, Dschalal al-Deghili, betonte, die Aufständischen bräuchten weiter Hilfe bei der Beseitigung "der schlafenden Zellen und der Reste des Regimes von Gaddafi".
Dschalil hatte am Sonntag Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate besucht. Die Golf-Staaten hatten sich als einzige arabische Länder an dem Militäreinsatz in Libyen beteiligt. Bei seinem Besuch in Abu Dhabi versicherte ihm der Kronprinz des Emirats, Mohammed Bin Sajed al-Nahjan, die Unterstützung seines Landes beim Wiederaufbau. In Doha bereitete der Staatschef von Katar, Scheich Hamad Bin Chalifa al-Thani, dem Rebellenführer nach Angaben lokaler Medien den Empfang eines Staatschefs.
Merkel reist nach Paris
An einer für Donnerstag vorgesehenen internationalen Konferenz zur Unterstützung Libyens wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnehmen. Im Mittelpunkt des Treffens in der französischen Hauptstadt Paris stünden die Pläne für den politischen Übergang, der Versöhnungsprozess und der Wiederaufbau, vermeldete Regierungssprecher Steffen Seibert. Zu der Konferenz der "Freunde Libyens" hat Frankreich rund fünfzig Länder eingeladen, darunter auch Staaten wie China und Russland.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Regierungschef David Cameron wollen das Treffen im Elysée-Palast leiten. Frankreich und Großbritannien hatten das Militärbündnis angeführt, das im März mit Luftangriffen auf Stellungen der Gaddafi-Armee begonnen hatte. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat enthalten, die den Einsatz ermöglicht hatte. Die deutsche Enthaltung war vor allem von Frankreich kritisiert worden.
In Moskau weht die Rebellenflagge

Auch in Moskau wurde nun die Flagge der Aufständischen gehisst.
(Foto: REUTERS)
Als eine der letzten Bastionen des Gaddafi-Regimes im Ausland hat unterdessen die libysche Botschaft in Moskau die rot-schwarz-grüne Fahne der Rebellen gehisst. "Die Botschaft vertritt die Meinung des Volkes", sagte Konsul Ali Abu Bakr nach Angaben der Agentur Itar-Tass bei einer Zeremonie. "Während der dramatischen Ereignisse wurde Blut für die Freiheit und die Zukunft Libyens vergossen." Russland war für das Regime des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi stets einer der wichtigsten Wirtschafts- und Rüstungspartner.
Mehrere Exil-Libyer, die an der Zeremonie teilnahmen, riefen: "Für ein neues Libyen! Lang leben Freiheit und Demokratie!" Die Botschaft hatte die grüne Fahne des Gaddafi-Regimes bereits Ende der vergangenen Woche abgenommen, die nun wieder verwendete alte Flagge des früheren Königreichs zunächst jedoch nicht aufgezogen. Angeblich war die Botschaft in Gaddafi-Anhänger und Unterstützer der Rebellen geteilt.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts