Stabilisierung in Afghanistan NATO folgt den USA
24.10.2007, 22:11 UhrNach Hilferufen der Niederlande und scharfer Kritik aus den USA sind beim NATO-Verteidigungsministertreffen in Noordwijk offenbar mehrere hundert zusätzliche Soldaten für Afghanistan zugesagt worden. Neun Staaten hätten Kampftruppen oder Ausbilder für die afghanischen Streitkräfte in Aussicht gestellt, verlautete es aus Diplomatenkreisen. Neben der Slowakei und Tschechien hätten auch mehrere Nicht-NATO-Staaten Beiträge angekündigt.
US-Verteidigungsminister Robert Gates, der vor dem Treffen die Zurückhaltung anderer NATO-Staaten bei der Entsendung zusätzlicher Soldaten scharf kritisiert hatte, erklärte: "Ich würde nicht sagen, dass ich zufrieden bin. Aber der heutige Tag war deutlich positiver als ich erwartet hätte."
Nach Angaben aus Diplomatenkreisen will Tschechien seinen Beitrag zur Afghanistan-Schutztruppe ISAF von 225 auf 415 Soldaten erhöhen. Die Slowakei hatte bereits in der vergangenen Woche eine Verdopplung ihres Kontingents auf 111 Mann angekündigt. Georgien, das der NATO nicht angehört, erwägt die Entsendung von 200 Soldaten. Auch Albanien und Kroatien, die heute schon an der ISAF beteiligt sind, hätten eine Verstärkung ihrer Truppen in Aussicht gestellt.
Deutschland stockt widerwillig auf
Frankreich und Deutschland wollen zusätzliche Militär-Ausbilder für die afghanischen Streitkräfte stellen. Die bereits seit längerem angekündigte Verdreifachung der deutschen Militär-Ausbilder von derzeit 60 auf rund 200 sei "sehr positiv aufgenommen" worden, sagte Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung. Anders als Frankreich will Deutschland jedoch keine Ausbilder-Teams in den heftig umkämpften Süden Afghanistans schicken. "Wir werden uns konzentrieren auf den Norden, weil es richtig und klug ist, dass in den einzelnen Regionen dann auch die ausgebildeten Kräfte vorhanden sind", sagte Jung.
Zuvor hatte Jung die Forderungen nach stärkerem Engagement zurückgewiesen. "Wir sind der drittstärkste Truppensteller in Afghanistan. Und deshalb, glaube ich, ist das, was die Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan leistet, auch sehr anerkannt in der NATO", so Jung. "Wir brauchen militärische Sicherheit und wir brauchen Wiederaufbau und Entwicklung - das ist die Gesamtkonzeption", sagte er vor Journalisten. "Deshalb halte ich die Forderungen, die immer nur nach mehr militärischem Engagement ausgerichtet sind, nicht für zielführend."
Der gastgebende niederländische Verteidigungsminister Elmert van Middelkoop hatte zuvor dringend mehr Unterstützung für die bedrängten Truppen im Süden des Landes gefordert: "In einigen Provinzen ist mehr zu tun als in anderen Provinzen", sagte der niederländische Verteidigungsminister, der 1.700 Soldaten in der umkämpften Provinz Urusgan stationiert hat.
"Solidarität beweisen"
Auch NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer betonte: "Afghanistan ist ein wichtiges Beispiel dafür, dass alle Verbündeten politische, finanzielle und militärische Solidarität beweisen müssen." Vor Journalisten regte er zur besseren Verteilung der Lasten eine Art Rotationssystem an - ein Vorschlag, den er nach eigenen Angaben vor den Ministern allerdings nicht zur Sprache brachte.
Mit Blick auf den bevorstehenden Parteitag des Koalitionspartners SPD warb der CDU-Politiker Jung erneut für eine Verlängerung des umstrittenen Bundeswehrmandats für die "Operation Enduring Freedom" (OEF) in Afghanistan. Das OEF-Mandat zur Terrorismusbekämpfung sei "im Interesse des Schutzes auch unserer Soldaten", sagte der Verteidigungsminister. "Ich hoffe und wünsche, dass die Sozialdemokraten jetzt auf ihrem Parteitag eine derartige Zustimmung beschließen."
Quelle: ntv.de