Kampf gegen Drogenanbau NATO soll Soldaten schicken
09.10.2008, 15:38 UhrAfghanistan hat die NATO zu einer verstärkten Hilfe im Kampf gegen Drogen aufgerufen. Der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak sagte bei einem Bündnistreffen in der ungarischen Hauptstadt Budapest, er würde eine stärkere Unterstützung der NATO in der Anti-Drogen-Kampagne begrüßen. Es wäre das erste Mal, dass die Internationale Afghanistan-Truppe ISAF direkt in den Kampf gegen die Opiumproduktion eingreift. Deutschland hat Vorbehalte gegen den Vorstoß, den die USA unterstützen. Die US-Streitkräfte gestanden unterdessen die Tötung von mindestens 33 Zivilisten in Afghanistan ein.
Afghanistan steht für mehr als 90 Prozent der weltweiten Produktion von Opium, das als Grundstoff für Heroin dient. NATO-Oberkommandeur John Craddock fordert seit langem einen verstärkten Kampf der Allianz gegen Drogen. Er will damit die Finanzierungsquellen der radikalislamischen Taliban trockenlegen. Die NATO kämpft seit 2001 gegen die Taliban. Nach UN-Angaben fließen den Islamisten jährlich geschätzte 300 Millionen Dollar (rund 220 Millionen Euro) aus der Drogenproduktion zu.
Der ganz überwiegende Teil des Opiums (98 Prozent) wird der UNO zufolge in sieben südwestlichen Provinzen Afghanistans gewonnen, darunter Helmand und Kandahar. Dort sind die Taliban besonders stark. Der Norden, wo die Bundeswehr das Oberkommando hat, ist dagegen inzwischen fast drogenfrei.
USA wollen Druck erhöhen
Unterstützt wird die Forderung Afghanistans von den USA, Großbritannien und den Niederlanden. US-Verteidigungsminister Robert Gates rief die Bündnispartner in Budapest auf, den Weg für einen direkten Kampf der rund 50.000 ISAF-Soldaten gegen Drogen freizumachen. "Wenn wir die Gelegenheit haben, gegen Drogenbarone und Drogenlabore vorzugehen und die Geldströme für die Taliban zu unterbrechen, scheint mir das eine legitime Sicherheitsanstrengung", sagte er. Die Vernichtung von Schlafmohnfeldern durch Soldaten sei dagegen nicht geplant.
Deutschland, Italien und Spanien sehen den Vorstoß mit großer Skepsis. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung erklärte vor dem Treffen in Berlin, es müsse um eine "Stärkung der afghanischen Eigenverantwortung" gehen. Für einen Anti-Drogen-Einsatz müsste das Bundeswehr-Mandat für Afghanistan geändert werden, das kommende Woche im Bundestag zur Verlängerung ansteht. Es erlaubt die Entsendung von maximal 4500 Soldaten, 1000 mehr als bisher.
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer verteidigte auf dem Treffen den umstrittenen Afghanistan-Einsatz. "Er ist entscheidend für die Sicherheit unserer eigenen Bürger", sagte De Hoop Scheffer bei einer Zeremonie für Veteranen in Budapest. Frankreich begann unterdessen mit der Verlegung von zusätzlichen hundert Soldaten nach Afghanistan, wie das Verteidigungsministerium bestätigte. Hintergrund ist der Tod von zehn französischen Soldaten in Afghanistan vor gut sechs Wochen. Frankreich hat derzeit rund 2600 Soldaten vor Ort.
Mehr tote Zivilisten
Die US-Streitkräfte räumten derweil die Tötung von mindestens 33 Zivilisten bei einem Luftangriff im Westen Afghanistans vor gut sechs Wochen ein. Nach einer US-Untersuchung kamen bei dem Angriff auf den Ort Asisabad in der westafghanischen Provinz Herat am 22. August außerdem etwa 22 Aufständische ums Leben. Der Tod der Zivilisten hatte in Afghanistan für Empörung gesorgt. Nach Angaben afghanischer Dorfbewohner wurden am Mittwoch bei Kämpfen in der Provinz Urusgan erneut zehn Zivilisten getötet. Die afghanischen Behörden sprachen dagegen von mindestens 27 getöteten Aufständischen.
Am Freitag wollten die NATO-Verteidigungsminister in Budapest mit ihrem georgischen Kollegen David Keseraschwili zusammentreffen. Es ist das erste Treffen der NATO-Georgien-Kommission auf Ministerebene. Das Gremium war nach dem Kaukasus-Konflikt ins Leben gerufen worden. Den von Georgien gewünschten NATO-Beitritt lehnt die Bundesregierung weiter ab.
Quelle: ntv.de