Spendenskandal NRW-SPD entzieht Kandidatur
15.03.2002, 01:00 UhrDie SPD hat den Kandidaten Werner Jung von der Landesliste für die Bundestagswahl gestrichen. Der SPD-Landesvorsitzende Harald Schartau sagte nach einer Vorstandssitzung, gegen Jung würden Sofortmaßnamen eingeleitet. Nach Prüfung durch die Schmude-Kommission gebe es Zweifel, ob die von ihm angenommenen Spendenquittungen mit seinen tatsächlichen Ausgaben für die Partei übereinstimmten.
Die Rechte Jungs aus seiner SPD-Mitgliedschaft ruhten mit sofortiger Wirkung, sagte Schartau. Außerdem werde ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Sollte sich vor der Schiedkommission die Unschuld des Politikers herausstellen, könne er wie vorgesehen für einen Kölner Wahlkreis als Direktkandidat für den Bundestag antreten, wenn auch ohne Absicherung auf der Liste. Andernfalls bestünde für die Kölner SPD bis Anfang Juli noch die Möglichkeit, einen neuen Kandidaten aufzustellen.
Spenden in Wuppertal falsch verbucht?
In der nordrhein-westfälischen Spendenaffäre verstärken sich die Hinweise, dass die SPD in Wuppertal finanzielle Zuwendungen falsch verbucht hat. Der Wülfrather Bauunternehmer Uwe Clees räumte die Zahlung von 500.000 DM (255.000 Euro) an die SPD ein. Im SPD-Rechenschaftsbericht wird Clees aber nur mit 250.000 DM genannt.
Laut Staatsanwaltschaft ist die restliche Summe über Strohmänner an die SPD geflossen. Clees steht unter Verdacht, den Wuppertaler Oberbürgermeister Hans Kremendahl (SPD) bestochen zu haben. Die beiden bestreiten das.
Bestürzter Ministerpräsident
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wolfgang Clement äußerte sich bestürzt über den Korruptionsverdacht in Wuppertal. Die SPD kämpfe um ihren Ruf und ihre Ehre, sagte er der Zeitung "Die Welt". Wer Steuern hinterziehe oder sich der Korruption schuldig mache, gehöre raus aus der SPD, sagte Clement der Zeitung "Die Welt". Indessen will der Landesvorstand der NRW-SPD erste Maßnahmen zur Schadensbegrenzung in der Kölner Spenden-Affäre treffen. So sollte über ein Parteiausschluss-Verfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Kölner SPD, Arno Carstensen, beraten werden.
Recklinghausener Klüngel?
Nach Köln und Wuppertal war zuvor auch in Recklinghausen einen Korruptionsverdacht gegen einen SPD-Spitzenfunktionär bekannt geworden. Der Vorsitzende der SPD in Recklinghausen, Peter Rausch, sei bereits am Montag von seinem Amt zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Untreue gegen ihn eingeleitet habe, berichtet die "Frankfurter Rundschau "
Rausch werde vorgeworfen, als Geschäftsführer der städtischen Wohnungsgesellschaft Baufirmen Aufträge gegeben zu haben, die ihm im Gegenzug sein Privathaus unentgeltlich gebaut haben sollen. Rausch sei inzwischen als Geschäftsführer der Wohnungsgesellschaft entlassen worden. Von der Staatsanwaltschaft war zunächst keine Stellungnahme zu bekommen.
Mandatsträger sollen sich erklären
Außerdem sollen nach dem Bericht der Zeitung Zweifel an zwei der Ehrenerklärungen der Kölner Mandatsträger im Zusammenhang mit der dortigen Spendenaffäre bestehen. Dies betreffe unter anderem den Kölner Bundestagstagsabgeordneten Konrad Gilges. Vom Büro des Abgeordneten Gilges war bisher keine Stellungnahme zu erhalten. Vorwürfe wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung werden auch gegen den SPD-Bundestagsabgeordnete Eckhart Lewering erhoben. Lewering wies dies zurück. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagte der Parlamentarier, der sich derzeit zu einem Truppenbesuch in Kosovo aufhält, der "Mitteldeutschen Zeitung". Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt gegen Lewering.
Die SPD-Spitze hatte nach Bekanntwerden illegaler Spenden in Höhe von 424.000 Euro an die Kölner SPD Ehrenerklärungen der Mandatsträger gefordert.
In der Kölner Parteispendenaffäre haben sich nach Informationen der "Rheinischen Post" mittlerweile 22 SPD-Politiker wegen Steuervergehen selbst angezeigt. Sie alle hätten gefälschte Quittungen beim Finanzamt eingereicht, schreibt das in Düsseldorf erscheinende Blatt.
Quelle: ntv.de