Politik

PR-Show in Las Vegas NSA-Chef wirbt für Allianz mit Hackern

Keith Alexander spricht in Las Vegas vor Tausenden Hackern.

Keith Alexander spricht in Las Vegas vor Tausenden Hackern.

(Foto: AP)

Wenn eine Institution auf dieser Welt gute Öffentlichkeitsarbeit nötig hätte, dann ist es dieser Tage die NSA. Chef Alexander nimmt das jetzt selbst in die Hand, kann bei seinem Auftritt vor 3000 Hackern in Las Vegas aber kaum überzeugen. Wohl auch, weil neue Details zu XKeyscore Sprengkraft haben - auch für die deutsche Regierung.

Wenn nichts mehr hilft, dann gibt es nur noch die Flucht nach vorn: Inmitten einer Welle der Enthüllungen über die Ausspähaktivitäten des US-Geheimdiensts NSA starten die viel gescholtenen Daten-Schnüffler eine PR-Offensive. Der Chef der Behörde, General Keith Alexander, wagt sich dafür sogar in Gefilde, in denen er vermutlich nicht allzu viele Befürworter hat. Er trat bei der Hacker-Konferenz Black Hat in Las Vegas auf und verteidigte das Tun der NSA.

"Wir stehen für die Freiheit", sagte Alexander laut "Washington Post" dort und versuchte, eine eigenartige Allianz anzuregen: "Helfen Sie uns, das Land zu verteidigen und bessere Lösungen zu entwickeln." Für Alexander ist die derzeitige Debatte über NSA, Prism und XKeyscore ungerecht: Die Medien stellten die Fakten über die Programme falsch dar. Der Ruf seiner Behörde und Mitarbeiter sei beschädigt, weil nicht alle Tatsachen auf dem Tisch lägen.

Hacker glauben Alexander nicht

Viel zur Erhellung der Fakten trug Alexander dann jedoch nicht bei: Ziel sei es nicht, normale Amerikaner auszuspionieren, sondern Terroristen zu finden. Aufgrund der Arbeit des NSA seien schon rund 50 Anschläge verhindert worden. Seine Mitarbeiter bezeichnete Alexander als "edle Leute", die Leib und Leben für die Sicherheit Amerikas aufs Spiel setzten. So seien bei der Unterstützung der Militäreinsätze in Afghanistan und Irak 20 von ihnen gestorben.

Alexander bemühte Argumente, die von Regierung und NSA immer wieder vorgebracht werden. Unter den 3000 anwesenden Teilnehmern der Konferenz konnte Alexander damit jedenfalls nicht wirklich punkten, ein Hacker rief ihm laut "Washington Post" ein Schimpfwort zu. Aus einer Ecke des Saales rief ein anderer Teilnehmer: "Ich traue ihnen nicht!"

Alexander zu trauen, ist in der Tat immer schwieriger. Neuen Informationen des "Guardian" zufolge ist die NSA-Ausspähsoftware XKeyscore zu mehr fähig als bisher bekannt. In einer Präsentation des Geheimdiensts, die aus dem Fundus der von Whistleblower Edward Snowden entwendeten Daten stammt, wird genau aufgeschlüsselt, was das Programm kann: Es erlaubt praktisch unbegrenzten Zugriff auf sämtliche im Internet kursierende Daten - auch die von US-Amerikanern.

Neuer Zunder für die Debatte

In "enormen Datenbanken" ist die Abfrage nach Name, Mailadresse, Telefonnummer und Schlagworten möglich. Für den Zugriff bedarf es keines gesonderten richterlichen Beschlusses: Jeder NSA-Mitarbeiter kann laut "Guardian"-Journalist Glenn Greenwald, der eng mit Edward Snowden zusammenarbeitet, hinterherspionieren, wem er will. Zudem erlaubt es XKeyscore, in Echtzeit zu verfolgen, was ein Internetnutzer tut.

In den USA sorgte der Bericht für hastige, teils skurrile Reaktionen: Das Weiße Haus beteuerte, XKeyscore stehe nur ausgewählten Mitarbeitern des NSA offen. Der Personenkreis unterliege strengsten "gegenseitigen Kontrollen" gegen Missbrauch. Der NSA verkündete, dass die Behörde keinesfalls "willkürlich und grenzenlos" Informationen sammle. Die Medien sollten ihre Berichte einstellen, weil durch sie wichtige Quellen und Aufklärungsinstrumente gefährdet würden.

In Deutschland halten sich die Verantwortlichen noch mit Bewertungen zurück. Aber auch hierzulande ist der neue Bericht brisant. Bislang haben BND und Verfassungsschutz, die XKeyscore ebenfalls besitzen, versucht, die Affäre kleinzureden. Eine ähnliche Strategie verfolgen Innenminister Hans-Peter Friedrich, Kanzleramtschef Ronald Pofalla und Angela Merkel selbst. Die Kanzlerin entschied sich vor wenigen Tagen für einen anderen Weg als NSA-Chef Alexander: Sie wählte die Flucht nach hinten - und verabschiedete sich ohne echte Aufklärungserfolge erst einmal in den Sommerurlaub.

Quelle: ntv.de, jog/dpa

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