Köhler in Polen und Frankreich Nach Kaczynski bei Sarkozy
13.07.2009, 08:03 UhrBundespräsident Horst Köhler hat zu Beginn seiner zweiten Amtszeit mit Reisen nach Polen und Frankreich die besonderen Beziehungen zu beiden Nachbarländern unterstrichen. Er flog zunächst zu einem Kurzbesuch nach Warschau und reiste dann weiter nach Paris. Frühere Bundespräsidenten hatten immer zuerst Frankreich besucht. Köhler dagegen hatte bereits vor fünf Jahren die Serie seiner Antrittsbesuche in Polen begonnen, das erst kurz zuvor Mitglied der Europäischen Union geworden war. Anschließend reiste er wie diesmal auch nach Frankreich.
In Paris wurde Köhler vom französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy im Elysée-Palast mit militärischen Ehren begrüßt. Anschließend trafen beide zu politischen Gesprächen zusammen. Am Dienstag wird Köhler als Ehrengast an der traditionellen Militärparade anlässlich des französischen Nationalfeiertages teilnehmen.
Starkes Signal für Aussöhnung
Zuvor hatte Köhler mit seiner Kurzvisite in Warschau erneut ein starkes Signal für die Aussöhnung und Partnerschaft mit dem osteuropäischen Nachbarland gesetzt. Er wolle ein Zeichen setzen, dass ihm Polen am Herzen liege, sagte Köhler nach dem Treffen mit Polens Staatsoberhaupt Lech Kaczynski. Zwischen ihm und Kaczynski bestehe eine "gute, vertrauensvolle Grundlage", um auch kontroverse Fragen zu besprechen. Die lange Zeit umstrittene Vertriebenenstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" solle der Versöhnung dienen, versicherte Köhler. Sein polnischer Partner habe dazu aber noch Fragen.
Ein gutes Zeichen

Für viele Deutsche ist Polen noch von geringem Interesse. Umgekehrt sieht es anders aus.
(Foto: REUTERS)
In Polen war die Stiftung immer wieder, vor allem von den nationalkonservativen Kräften um Lech Kaczynski und dessen Zwillingsbruder, Ex-Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski, als revisionistisch kritisiert worden. Köhler betonte mit Blick auf die deutsche Verantwortung für die Verbrechen der NS-Zeit, in Deutschland gebe es keine ernsthafte politische Kraft, die die Geschichte umschreiben wolle. Präsident Kaczynski, der sich in der Vergangenheit mehrmals deutschlandkritisch geäußert hatte, betonte, Polen und Deutschland seien Nachbarn und Verbündete. Den Besuch Köhlers nannte er ein gutes Zeichen.
Köhler will Geburtsort besuchen
In einem Interview für die polnische Zeitung "Gazeta Wyborcza" sagte Köhler, er fühle sich nicht als Vertriebener. "Die Geschichte meiner Familie ist von Umsiedlung und Flucht bestimmt, nicht von Vertreibung", betonte er. Köhlers Familie war im Zweiten Weltkrieg nach dem Hitler-Stalin-Pakt aus Bessarabien in Rumänien nach Skierbieszow im damals deutsch besetzten Polen umgesiedelt worden. Von dort flüchtete sie vor der Roten Armee nach Westen.
Köhler kündigte an, er werde in dieser Amtsperiode seinen Geburtsort im Südosten Polens besuchen. Es gehe ihm aber nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch um die Zukunft. Nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Donald Tusk sagte er, er habe einen Besuch immer vorgehabt. Es sei für ihn aber nicht leicht. Er räumte ein, befangen zu sein, weil er wisse, dass damals die Deutschen polnische Bauern vertrieben hätten.
Einig in Bewertung der Finanzkrise
In der Frage der internationalen Finanzkrise und ihrer Folgen zeigten Köhler und Kaczynski große Übereinstimmung. Nötig sei eine stärkere Solidarität der EU-Staaten untereinander, sagte Polens Präsident. Sein deutscher Kollege betonte, bei einer Verbesserung des wirtschaftlichen Umfeldes dürfe das Thema einer Neuordnung der Finanzmärkte nicht in den Hintergrund geraten.
Quelle: ntv.de, dpa