Politik

Die Bush-Doktrin? Was? Nachhilfe für Falke Palin

Tagelang hatte ein Reigen hochkarätiger Experten Sarah Palin vorbereitet: Die junge Alaska-Gouverneurin sollte sich bei ihrem ersten Fernsehinterview seit ihrer Nominierung als republikanische Kandidatin für das US-Vizepräsidentenamt keine Blöße geben. Das gelang nur halb. Anders als in ihren forschen Reden zeigte Palin, die erst seit kurzem überhaupt einen Reisepass besitzt, Unsicherheiten in dem Interview. Besonders die Welt außerhalb der USA scheint nicht ihre Stärke zu sein – doch dafür hat sie klare Rezepte zum Umgang mit ihr.

Offensichtlich ins Schleudern kam Palin, als ABC-Moderator Charles Gibson sie nach ihrer Unterstützung für die "Bush-Doktrin" fragte. "In welcher Hinsicht, Charlie?", entgegnete sie. Die Bush-Doktrin, das sei doch die Sicht von US-Präsident Georg W. Bush auf die Welt. Als Gibson sie aufklärte, dass diese Doktrin das Recht zu präventiven Angriffen der USA auf andere Länder meine, stimmte auch sie der Doktrin zu. Allerdings reagierte Palin mit Kritik an der Planung des Irak-Einsatzes durch Bush: "Da gab es Pfusch, und es gab Fehler", sagte sie - und dürfte damit die Stimmung der kriegsmüden Öffentlichkeit getroffen haben.

Aus ihren Ausführungen zum Umgang mit Russland war die Linie des Hardliners McCain herauszuhören. Palin forderte den Beitritt Georgiens und der Ukraine zur NATO. Als Gibson fragte, ob dies bei einer militärischen Invasion Moskaus in einem NATO-Land Georgien Krieg mit Russland bedeuten würde, sagte sie: "Vielleicht". Auf Gibsons Frage, ob sie militärische Anti-Terror-Einsätze beim Verbündeten Pakistan befürworte, wich sie mehrfach aus. "Ich gehe hier in einem Wirbelsturm aus Worten verloren", beschwerte sich Gibson. "Wir müssen uns alle Optionen offenhaltenn", schob Palin nach. Für das Vize- und das Präsidentenamt halte sie sich auf jeden Fall befähigt, stellte Palin klar. Als McCain ihr die Kandidatur anbot, "habe ich Ja gesagt, ohne mit der Wimper zu zucken".

"Es gibt einen Plan für diese Welt"

Eine frühere Äußerung, in der sie den Irak-Krieg als "Aufgabe Gottes" bezeichnet hatte, relativierte Palin. Sie habe sich damit auf einen Ausspruch des Bürgerkriegspräsidenten Abraham Lincoln bezogen. "Ich weiß nicht, ob es eine Aufgabe Gottes ist", sagte sie nun. Trotzdem erklärte sie: "Ich glaube, dass es einen Plan für diese Welt gibt und dass dieser Plan für die Welt gut ist", sagte die Politikerin.

Palins Sohn zog am Donnerstag als Soldat in den Irak. Hierzu sagte Palin: "Was ich weiß ist, dass mein Sohn eine Entscheidung getroffen hat. Ich bin so stolz auf seine unabhängige und starke Entscheidung, aus den richtigen Gründen zu dienen und einer Sache zu dienen, die größer ist als er selbst, und nicht einen wirklich leichten Weg zu wählen, der bequemer und zweifellos sicherer wäre."

Auf ihre außenpolitische Erfahrung angesprochen, räumte Palin ein, neben einem Truppenbesuch in Deutschland und in Kuwait bislang lediglich die US-Nachbarländer Mexiko und Kanada besucht zu haben. Auch habe sie bislang keinen ausländischen Staatschef getroffen.

Demokraten Schau gestohlen

Trotz ihrer außenpolitischen Schwäche - die allerdings vielen Amerikanern entgehen dürfte – beginnt Palin den Demokraten die Schau zu stehlen. "Sarah Palin hat ganz offensichtlich die Wirkung erzielt, die John McCain durch ihre Nominierung erhofft hatte", urteilt der Demoskop Peter Brown vom Umfrageinstitut der Universität Quinnipiac in New York. Seit ihrer Nominierung haben Meinungsforscher ungewöhnlich starke Umschichtungen in der Wählergunst entdeckt. Mit Palin machen die Republikaner den Demokraten ihre weibliche Stammwählerschaft streitig, und auch Obamas erfolgreiches Wahlmotto von Wandel und Neubeginn hat McCains Kampagne inzwischen übernommen, verkörpert durch Palin frisches Auftreten.

Obama hat bislang noch nicht herausgefunden, wie er die Power-Frau entzaubern kann, ohne als politischer Macho dazustehen. "Das ist mehr als einfach nur zunehmende Angst", beschreibt Bill Clintons früherer Chef-Demoskop Doug Schoen im Internetmagazin "Politico" die Stimmung in der Partei. "Es ist greifbare Frustration und tief sitzendes Unbehagen darüber, dass sie die Initiative verloren haben." Ein namentlich nicht genannter Großspender der Demokraten wird zitiert mit den Worten: "Ich bin so deprimiert, es ist ein Albtraum."

Wenig Erfahrung

Das Interview, das ABC in mehreren Teilen ausstrahlt, war mit besonderer Spannung erwartet worden. Seit Palin vor zwei Wochen von Spitzenkandidat John McCain zum Vize ernannt wurde, hatte sie nur Wahlkampfreden gehalten und war sorgfältig von Journalisten abgeschottet worden. Die Demokraten lasten ihr an, dass sie über keinerlei nationale und internationale Erfahrung verfüge. Palin ist erst seit zwei Jahren Gouverneurin von Alaska. Zuvor war sie Bürgermeisterin eines Dorfes mit rund 9000 Einwohnern.

Quelle: ntv.de

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