Gegen öffentliche Saufgelage Nacht-Alkoholverbot rechtens
12.10.2010, 18:39 UhrSaufende und grölende Jugendliche, die sich nachts zusammenfinden, sind vielen Stadtvätern ein Dorn im Auge. Baden-Württemberg hat jetzt als erstes Bundesland ein grundsätzliches Gesetz durchgefochten. Im März wurde ein umstrittenes Verbot des Alkoholverkaufs zwischen 22.00 und 5.00 Uhr erlassen, das allerdings sofort angefochten wurde. Jetzt erhielt die Landesregierung vom Bundesverfassungsgericht Recht. Die Sorge um das Allgemeinwohl und die Gesundheit wiege schwerer als Verkaufsargumente, erklärten die Richter.
Das Urteil könnte Folgen für andere Länder haben. In vielen Städten wollen die Verantwortlichen den nächtlichen Saufgelagen Herr werden. Auch Freiburg hatte dies versucht und ein Alkoholverbot auf einem Platz verhängt. Allerdings war die Stadt mit diesem Schritt vor dem Verwaltungsgericht in Mannheim gescheitert. Das jetzt in Baden- Württemberg verhängte Verkaufsverbot ist eine Folge davon. Damit wurde eine Grundlage für kommunale Verbote geschaffen.
Lokale Kompetenz
In Bayern gehen die Städte einen anderen Weg. Dort können die Gemeinden das Trinken in der Öffentlichkeit mit dem Straßen-, Wege- und Gaststättenrecht einschränken. In Berlin liegt es in der Macht der Bezirke, Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen zu verhängen. Das trifft zum Beispiel den Alexanderplatz, weil sich dort Jugendliche immer wieder zum Kampftrinken verabredeten. Auch in etlichen Kommunen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind einige Ortskerne zu alkoholfreien Zonen erklärt worden.
Ein Verkaufsverbot nach dem Baden-Württemberger Modell gibt es nur in Hamburg rund um die Reeperbahn. Das hat vor allem Sicherheitsgründe. Dort dürfen keine Glasflaschen über den Ladentisch gehen, weil sie bei Schlägereien als Waffen missbraucht werden könnten.
Problem nur verschoben?
Die Tankstellen und Kioske in Baden-Württemberg, die von dem Verbot betroffen sind, fühlen sich als Sündenböcke. Das Gesetz löst ihrer Meinung nach das Problem nicht. "Die Jugendlichen kaufen doch sowieso beim Discounter," sagt Jürgen Ziegner, Geschäftsführer des Zentralverbands des Tankstellengewerbes in Bonn. Entscheidend ist für ihn die Überwachung der Innenstädte. "Aber dafür hat die Polizei offenbar nicht mehr das Personal."
Für die Tankstellen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zu kleinen Supermärkten entwickelt haben, lässt sich das Verbot nach Angaben Ziegners direkt am Umsatz ablesen. "Bislang haben die Tankstellenshops in Baden-Württemberg immer bessere Geschäfte gemacht als der Bundesschnitt, jetzt bleiben sie hinter der allgemeinen Entwicklung zurück."
Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) kann darauf keine Rücksicht nehmen. "Die Intention des Verkaufsverbotes war und ist, Jugendliche zu schützen, und dafür zu sorgen, dass Alkohol nicht rund um die Uhr zur Verfügung steht." Dieses Argument stützt auch das Bundesverfassungsgericht. Der Schutz der Allgemeinheit vor Alkoholmissbrauch und dadurch bedingte Straftaten und Gesundheitsgefahren zählt mehr als die Umsatzprobleme der Verkäufer.
Quelle: ntv.de, dpa