Politik

Versöhnung von Fatah und Hamas Nahost bringt Deutschland ins Schleudern

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit Angela Merkel Anfang April.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit Angela Merkel Anfang April.

(Foto: picture alliance / dpa)

Bis September wollen die Palästinenser einen Staat ausrufen - und verlassen sich dabei auf ein Versprechen von US-Präsident Obama. Die Einbindung der radikalislamischen Hamas in den Friedensprozess wirft die Frage auf, ob die bisherige Position Deutschlands in der Nahostpolitik noch haltbar ist.

Jahrelang ist die Spaltung der Palästinenser als ein Haupthindernis für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts gesehen worden. Aber nun droht gerade die überraschende Einigung zwischen der Hamas-Regierung im Gazastreifen und der im besetzten Westjordanland dominierten Fatah-Bewegung, den Westen in die Bredouille zu bringen - und vor allem Deutschland.

US-Präsident Barack Obama: Hilft er bei der Umsetzung seiner Ankündigung?

US-Präsident Barack Obama: Hilft er bei der Umsetzung seiner Ankündigung?

(Foto: picture alliance / dpa)

Denn wenn selbst der vom Westen unterstützte Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas eine Regierung mit der Hamas bilden will, müssen die USA und die Europäer ihr langjähriges Kontaktverbot zur der radikal-islamischen Organisation überprüfen. Und auf der UN-Vollversammlung in New York im September drohen die Israel-Verbündeten in die Isolation zu geraten. Denn dort, so ist die bisherige Planung, wollen die Palästinenser einen unabhängigen Staat ausrufen. Sie berufen sich dabei darauf, dass US-Präsident Barack Obama selbst im vergangenen Jahr die Bildung eines Palästinenserstaates bis September 2011 angekündigt hatte.

Von 120 Staaten anerkannt

Das Problem für die westlichen Staaten: In der UN-Vollversammlung gibt es für eine solche Erklärung auch Rückenwind. 120 Staaten haben die 1988 von der PLO ausgerufene - wenn auch völkerrechtlich nicht geltende - Unabhängigkeit sogar bereits anerkannt. Die EU hat dabei keine einheitliche Haltung, schon weil Länder wie Tschechien, Ungarn und Rumänien eine Anerkennung vor ihrem EU-Beitritt ausgesprochen hatten.

Gerade Deutschland wird nun zerrissen zwischen der traditionellen Loyalität zu Israel, dessen Unterstützung Bundeskanzlerin Angela Merkel zur deutschen Staatsraison erklärt hat, und der erklärten Politik einer Zwei-Staaten-Lösung. Bundesaußenminister Guido Westerwelle wiederholte noch einmal die Position, die Merkel bereits am 7. April beim Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bezogen hatte. "Die Hamas kann für uns so lange kein Ansprechpartner sein, solange sie das Existenzrecht Israels mit Gewalt infrage stellt", betonte der Außenminister.

Auch einen einseitig ausgerufenen Palästinenser-Staat werde man nicht anerkennen. Merkel hatte bereits betont, dass sich daran in den kommenden Monaten nichts ändern werde: "Das ist die Haltung von heute, und das wird auch im September die Haltung sein." Westerwelle begründet dies damit, dass wenig erreicht sei, wenn Israel nicht mit dem neuen Staat zusammenarbeiten wolle - und in Jerusalem wurde die Hamas-Fatah-Vereinbarung am Donnerstag vehement abgelehnt.

Nahost-Quartett in der Zwickmühle

"Hamas kein Ansprechpartner": Bundesaußenminister Guido Westerwelle

"Hamas kein Ansprechpartner": Bundesaußenminister Guido Westerwelle

(Foto: dpa)

Aber sowohl das Verbot von Hamas-Kontakten als auch die verweigerte Anerkennung der Gruppe werden in der deutschen Opposition durchaus kritisch gesehen - unter anderem weil sich der Westen damit faktisch vom Wohlwollen Israels abhängig macht. "Die EU, die USA und das Nahost-Quartett dürfen jetzt nicht den Fehler wiederholen, einer palästinensischen Einheitsregierung wie im Jahr 2007 von vornherein keine Chance zu geben, weil Hamas daran beteiligt ist", mahnte etwa die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Kerstin Müller. "Dies führte letztlich nicht zur Schwächung, sondern zur Stärkung der Hamas."

Als ein Lösungsweg wird nun erwogen, Palästinenserpräsident Abbas bei dessen Besuch in Berlin kommende Woche vorzuschlagen, der Hamas vor allem Ressorts in einer gemeinsamen Regierung anzubieten, in denen sie keine internationalen Kontakte hat. Das hatte man bereits nach den Wahlen in den Palästinensergebieten 2006 versucht. Dann könnte auch Deutschland pro forma weiter mit Abbas zusammenarbeiten, wenn die Hamas der Gewalt nicht abschwören will.

Im Nahost-Quartett schienen die Fronten aber am Donnerstag bereits zu bröckeln. Während Westerwelle sich sehr vorsichtig zu dem inner-palästinensischen Aussöhnungsversuch äußerte, begrüßte das russische Außenministerium ausdrücklich den Fatah-Hamas-Deal.

Quelle: ntv.de, rts

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