Spanier demonstrieren, Polizei greift ein "Nehmt die Straße ein"
13.05.2012, 09:22 Uhr
Ein Polizist versucht, eine Demonstrantin vom Puerta del Sol abzuführen.
(Foto: AP)
Vor einem Jahr wird die spanische Bewegung der "Empörten" geboren. Zum Jahrestag protestieren zehntausende Menschen in Madrid und anderen Städten. Doch der Plan, vier Tage auf zentralen Plätzen auszuharren, wird von der Polizei verhindert, die Demonstranten abführt. Auch in Portugal und Großbritannien protestieren Menschen.
Die spanische Polizei hat mehrere Kundgebungen von Anhängern der Protestbewegung der "Empörten" aufgelöst. In Madrid vertrieben die Beamten in den frühen Morgenstunden mehrere Hundert Demonstranten vom Platz Puerta del Sol im Zentrum der Hauptstadt. Nach Polizeiangaben gab es 18 Festnahmen. Auch in Portugal und Großbritannien gab es Proteste.
Die spanischen Sicherheitskräfte wollten mit der Aktion verhindern, dass die Demonstranten auf dem Platz wie vor einem Jahr eine Zeltstadt errichten. Auch in Valencia, Cádiz und Palma de Mallorca löste die Polizei nächtliche Kundgebungen auf. Am Samstag hatten, kurz vor dem Jubiläum des Gründungstags der "Empörten"-Bewegung, in zahlreichen Städten zehntausende Menschen gegen die Sparmaßnahmen der konservativen Regierung protestiert.
Zu Trommelklängen riefen die Menschen in Madrid Slogans wie "Sie (die politische Klasse) vertritt uns nicht" oder "Nehmt die Straße ein". Vier Tage lang wollen die Demonstranten auf dem Platz, auf dem vor einem Jahr die Bewegung entstand, eine "permanente Versammlung" abhalten. "Es ist wichtig zu zeigen, dass wir immer noch da sind", sagte eine 23-jährige Demonstrantin.
Die Menschen protestierten auch gegen die Verstaatlichung des angeschlagenen Finanzinstituts Bankia. Auf einem Plakat war zu lesen: "Sie retten Banken, aber keine Menschen." Die Finanzlage des Landes wird derzeit durch eine Bankenkrise noch verschärft. Am Mittwoch hatte die spanische Regierung in einer Nacht- und Nebel-Aktion die , das erst vor zwei Jahren auf staatlichen Druck aus der Fusion schwächelnder Sparkassen entstanden war.
Bildungsausgaben werden weiter gekürzt
Offizielle Angaben zur Teilnehmerzahl der Demonstration in Madrid gab es nicht. In Barcelona versammelten sich aber nach Schätzungen der Polizei rund 45.000 Menschen, die Veranstalter sprachen von 200.000. Insgesamt demonstrierten in rund 80 spanischen Städten zehntausende Menschen gegen die Politik von Ministerpräsident Mariano Rajoy, der mit rigorosen Maßnahmen im laufenden Jahr mehr als 27,3 Milliarden Euro einsparen will.
Erst Ende April hatte die Regierung angekündigt, etwa die Bildungsausgaben um drei Milliarden Euro kürzen zu wollen. Spanien wurde von der Finanzkrise hart getroffen. Die Arbeitslosigkeit liegt in dem Land derzeit bei 24,4 Prozent. Die "Empörten" planen bis zum 15. Mai, dem Jahrestag ihrer Gründung, landesweit zahlreiche Protestaktionen.
Auch in Portugal gingen am Samstag mehrere tausend Menschen auf die Straße. In der Hauptstadt Lissabon versammelten sich am Abend 2000 Demonstranten. Weitere Proteste fanden in den Städten Porto, Coimbra und Faro statt. Auch Portugal wurde wie das Nachbarland Spanien von der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise schwer getroffen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 15 Prozent.
"Nieder mit dem Raubtierkapitalismus"
In der britischen Hauptstadt London protestierten am Samstag hunderte Menschen gegen Sparpläne der Regierung unter dem konservativen Premierminister David Cameron und die Macht der Banken. Sie versammelten sich vor der St. Paul's Cathedral, wo die "Occupy"-Bewegung bis Ende Februar ein Protestcamp hatte, das dann aber von der Polizei aufgelöst wurde. "Nieder mit dem Raubtierkapitalismus" und "Erst das Volk, dann die Profite" war auf Spruchbändern zu lesen. Später errichteten sie rund ein Dutzend Zelte vor der Bank of England.
Am Rande der Proteste in London kam es zu vereinzelten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizisten. Elf Demonstranten wurden festgenommen. Für Dienstag kündigte die "Occupy"-Bewegung weitere Proteste im Finanzviertel der britischen Hauptstadt an.
Quelle: ntv.de, AFP/rts/dpa