Papst predigt in Nazareth Netanjahu fordert Iran-Schelte
14.05.2009, 22:36 UhrIsraels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Papst Benedikt XVI. zu einer klaren Verurteilung der anti-israelischen Äußerungen des Irans aufgefordert. Netanjahu sagte nach Abschluss einer Unterredung mit dem Papst in Nazareth, Benedikt müsse als "moralischer Repräsentant" seine Stimme erheben "gegen die iranischen Erklärungen über eine Absicht zur Zerstörung Israels". Der Pontifex hatte zuvor vor den Toren des biblischen Ortes in Galiläa mit Zehntausenden von Christen die größte Messe seiner achttägigen Nahostreise gefeiert. Dabei rief er Christen und Muslime erneut zu einem friedlichen Zusammenleben und einem "Brückenbau" zwischen den Religionen auf.
Am Nachmittag kam Benedikt im Franziskaner-Kloster von Nazareth mit Netanjahu zusammen. Bei dem Gespräch ging es um den Friedensprozess im Nahen Osten sowie um Besitztümer der katholischen Kirche im Heiligen Land. Netanjahu sagte anschließend zum Thema Iran, es könne nicht angehen, "dass es zu Beginn des 21. Jahrhunderts einen Staat gibt, der sagt, er wolle den jüdischen Staat zerstören und es keine entschiedene Stimme gibt, die dies verurteilt". Der rechtsorientierte Regierungschef sagte vor Journalisten, er sei mit der Reaktion des Papstes zufrieden gewesen. Dieser habe Anti-Semitismus und Hass gegen Israel deutlich verurteilt.
Entgegenkommen gegenüber Rom
Israel wolle Frieden mit den Palästinensern, sagte Netanjahu ferner. Man könne jedoch in Fragen der Sicherheit keine Abstriche machen. "Wir wollen kein anderes Volk beherrschen, aber wir wollen auch keinen vom Iran unterstützten Terrorstaat neben uns entstehen sehen, der Israels Sicherheit gefährdet."
Netanjahu kam dem Papst den Angaben zufolge entgegen, indem er die Bewilligung einer größeren Anzahl von Visa für Priester ankündigte, die in arabischen Staaten leben und Israel besuchen wollen. Israelische Zeitungen hatten berichtet, das Thema sorge für Spannungen zwischen Israel und dem Vatikan.
Papst über Reise "glücklich"
Benedikt sei "sehr glücklich" über den Verlauf seiner im Vorfeld als heikel eingestuften Nahostreise, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi bereits am Donnerstag und zog eine erste Bilanz: "Die Treffen waren sehr positiv, der Papst hat zugehört und sein Wissen sehr vertieft." Benedikt hatte sich mit großer Energie für die Belange der Palästinenser eingesetzt und ein "Heimatland" für das palästinensische Volk verlangt. Zuvor hatte er in Israels Öffentlichkeit Kritik für seinen Auftritt in der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem geerntet, unter anderem weil er sich nicht explizit für die Rolle der katholischen Kirche bei der Judenvernichtung entschuldigt hatte.
Predigt gegen Hass und Gewalt
In seiner Predigt am Donnerstag forderte der Pontifex die Menschen im Heiligen Land auf, sie sollten alle die zerstörerische Kraft von Hass und Vorurteil abwehren, "die die Seele des Menschen tötet, bevor sie seinen Körper tötet". Am vorletzten Tag seiner Reise ermunterte er zudem die winzig kleine christliche Minderheit, im Heiligen Land zu bleiben. Die Christen sollten "wirksame Instrumente für Gottes Frieden" sein und helfen, eine wahre Versöhnung zwischen den Völkern aufzubauen.
Die Pilger aus aller Welt hatten sich für die Messe mit dem Oberhaupt der Katholiken auf einem Berg versammelt, von dem nach biblischer Überlieferung angenommen wird, dass der aus einer Synagoge vertriebene Jesus von dort hinabgestoßen werden sollte. Die Besucher der Messe feierten Benedikt mit Slogans wie "Viva il Papa" und "So wie wir Johannes Paul II. liebten, so lieben wird auch dich." Etwa 8000 Polizisten waren aufgeboten, um einen ungestörten Ablauf der Messe sicherzustellen und mögliche Demonstrationen gegen den Papst zu unterbinden.
Vor einem langen Gebet in der Verkündigungsgrotte, in der nach der biblischen Überlieferung der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria erschienen ist, traf sich Benedikt mit Religionsführern aus Galiläa. Er rief zum harmonischen Miteinander und gegenseitiger Achtung auf. Christen, Juden, Muslime und Drusen sollten gemeinsam die Jugend von Fanatismus und Gewalt abhalten, sie zu Gestaltern der Zukunft machen.
Quelle: ntv.de, dpa