Organisierte Kriminalität Netzwerk in Sachsen noch aktiv
05.06.2007, 17:30 UhrVom Verfassungsschutz in Sachsen entdeckte Netzwerke organisierter Kriminalität sind nach Einschätzung der Landesregierung noch immer aktiv und gefährlich. Die organisierte Kriminalität werde mit ihren Mitteln zurückschlagen, um die Zerstörung ihrer Strukturen zu verhindern, warnte Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) am Dienstag in einer Sondersitzung des Parlaments in Dresden. Alle, die sich am Kampf gegen die Netzwerke beteiligen, müssten Rufmordkampagnen fürchten. "Die organisierte Kriminalität wird verleumden, sie wird Misstrauen säen, sie wird Gerüchte streuen, sie wird einschüchtern."
In Sachsen sorgen seit mehr als drei Wochen nahezu täglich neue schwere Vorwürfe gegen Richter, Staatsanwälte, Polizisten und hohe Politiker für Aufregung. Medienberichten zufolge enthalten noch geheime Verfassungsschutzakten Hinweise auf brisante Verbindungen von Justiz, Polizei und Politik zur organisierten Kriminalität. Unter anderem soll es um Straftaten wie Korruption, Amtsmissbrauch und Kinderprostitution gehen. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) kritisierte die öffentlichen Verdächtigungen und Spekulationen. Sie belasteten die Aufarbeitung mehr als dass sie nützten, sagte er nach der Sitzung.
Die mit der Aufklärung der Affäre betraute Staatsanwaltschaft Dresden äußert sich bislang nicht zu den Vorwürfen und zum Stand der Ermittlungen. Auch ist unklar, ob Generalbundesanwältin Monika Harms sich einschalten wird. Ihr liegen Kopien der an die sächsische Staatsanwaltschaft übermittelten Verfassungsschutzunterlagen vor.
Die Linkspartei, die die Sondersitzung beantragt hatte, verlangte die Übernahme des Falls durch das Bundeskriminalamtes (BKA). Justizminister Geert Mackenroth (CDU) mahnte indessen zu Geduld und Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der sächsischen Justiz. "Die Zeiten sind vorbei, als im Freistaat Sachsen ohne Entscheidung eines unabhängigen Gerichts, allein gegründet auf Vermutungen, Hinweise und Gerüchte, menschliche Existenzen vernichtet wurden", sagte er. Über die Einbeziehung des BKA werde die Staatsanwaltschaft in eigener Verantwortung entscheiden.
Gegen vorschnelle und unüberlegte Forderungen nach Konsequenzen sprach sich auch Stefan Brangs (SPD) aus. Man wisse nichts außer Gerüchten, die nicht seriös zu bewerten seien, sagte Johannes Lichdi (Grüne). "Aber das Schlimmste ist: Wir halten sie für möglich." Die Linkspartei kündigte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses an. Über den konkreten Untersuchungsauftrag wolle sich die Partei mit der FDP, den Grünen und Vertretern der SPD abstimmen.
Mehrere Abgeordnete bezogen sich in der Sondersitzung auf Hinweise, wonach Akten des Verfassungsschutzes zu den Vorwürfen bereits geschreddert wurden. Die für die Kontrolle des Geheimdienstes zuständige Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) bestätigte, dass es eine "Vernichtung von Kopien verschiedener Unterlagen" gegeben habe. Auswirkungen auf die nunmehr eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen seien nach derzeitigem Erkenntnisstand jedoch nicht zu befürchten.
Quelle: ntv.de