Politik

Mehr zivile Hilfe durch NATO Neue Afghanistan-Strategie

Die NATO hat eine neue Afghanistan-Strategie mit mehr ziviler Hilfe und vorübergehend 5000 weiteren Sicherheitskräften vereinbart. Die USA bleiben aber einziger Bündnispartner mit einer deutlichen und langfristigen Aufstockung ihrer Truppen.

US-Präsident Barack Obama mahnte nach dem Gipfel der Militärallianz in Straßburg, das Terrornetzwerk El Kaida bedrohe gut sieben Jahre nach den Anschlägen auf die USA alle NATO-Mitglieder. Die Terroristen müssten in Afghanistan und Pakistan geschlagen werden. Das dürfe aber nicht die alleinige Anstrengung Amerikas sein. Er sprach aber von substanziellen Fortschritten in Straßburg. Die USA schicken allein 21.000 zusätzliche Sicherheitskräfte an den Hindukusch.

Die NATO vereinbarte für den zivilen Wiederaufbau zusätzliche Ausgaben von 500 Millionen US-Dollar und eine erste Einzahlung von 100 Millionen US-Dollar in einen Fonds zum Unterhalt der afghanischen Armee. Zusagen für mehr Soldaten zur Absicherung der afghanischen Präsidentenwahl im August machte nach Angaben von NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer vor allem Großbritannien als zweitgrößter Truppensteller. Zahlen nannte er nicht. Kanzlerin Angela Merkel sagte, Deutschland werde 600 zusätzliche Soldaten zur Absicherung der Wahl schicken. Diese sind jedoch Teil des im Vorjahr erhöhten deutschen Kontingents. Derzeit sind 62.000 Soldaten unter dem Kommando des Militärbündnisses in Afghanistan im Einsatz. Deutschland ist der drittgrößte Truppensteller.


Obama bedingt zufrieden


Obama bewertete die Zusagen der NATO-Partner als "ermutigend", aber auch nur als "Anzahlung" für die Stabilisierung des Landes. Die Entsendung von zusätzlichen Soldaten sowie weitere zivile und finanzielle Hilfen seien ein "großartiger Fortschritt" und ein "sehr gutes Ergebnis" der NATO-Tagung, meinte Obama. Der US-Präsident drängte die europäischen Partner jedoch nicht zu zusätzlichen Truppen für Afghanistan. "Alle diese Alliierten haben Kampftruppen auf dem Boden", sagte er.

Einen großen Schwerpunkt will die NATO künftig auf die Ausbildung afghanischer Soldaten und Polizisten legen. Unter den 5000 neuen Sicherheitskräften sind Obama zufolge 3000 Soldaten, 300 Ausbildungstrainer und 70 Trainingsteams. De Hoop Scheffer sagte: "Zu Afghanistan hat der Gipfel seine Aufgabe erledigt."

Harsche Kritik an Karsai

Eine harte Linie fuhr die NATO gegen den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai im Zusammenhang mit einem umstrittenen neuen Ehegesetz in seinem Land. Kritikern zufolge erlaubt das Gesetz Vergewaltigung in der Ehe erlaubt. Außerdem müssten Frauen sich bis auf bestimmte Ausnahmen die Genehmigung des Ehemannes einholen, wenn sie das Haus verlassen wollten. Merkel sagte: "Es ist unverzichtbar, dass Männer und Frauen die gleichen Rechte haben." Die NATO setze darauf, dass das Gesetz "zurückgeschickt" wird. Es habe während des NATO-Gipfels auch Kontakt zu Karsai gegeben. Dieser hatte nach Empörung im Westen eine Überprüfung des Gesetzes angekündigt und zugleich von "Missverständnissen" und einer falschen Übersetzung gesprochen.

NATO offen für neue Mitglieder

Die NATO hat ihre Bereitschaft zu inneren Reformen und ihre Offenheit für neue Mitglieder bekräftigt. In einer zum Abschluss des Gipfels in veröffentlichten "Erklärung über die Sicherheit des Bündnisses" heißt es auch, das Beistandsversprechen für den Fall eines Angriffs auf einen NATO-Staat bleibe "der Grundpfeiler unserer Allianz". Die NATO halte an "Abschreckung, die auf einer richtigen Mischung von nuklearen und konventionellen Fähigkeiten beruht", fest.

"Die Erweiterung der NATO war ein historischer Erfolg und hat uns unserer Vision von einem gesamten und freien Europa näher gebracht", heißt es in der von den Staats- und Regierungschefs der NATO beschlossenen Erklärung. "Die Tür der NATO wird für alle europäischen Demokratien offen bleiben, die die Werte unseres Bündnisses teilen, bereit zu Übernahme der Verpflichtungen aus der Mitgliedschaft sind und deren Aufnahme zur gemeinsamen Sicherheit und Stabilität beitragen kann."

"Wir sind entschlossen, unser Bündnis zu modernisieren, um besser auf die Bedrohungen von heute reagieren und die Gefahren von morgen vorhersehen zu können", erklärten die Staats- und Regierungschefs. Der NATO-Generalsekretär solle eine "breit aufgestellte Gruppe qualifizierter Experten" bilden, deren Mitglieder die Grundlage für ein neues strategisches Konzept entwickeln sollten. Die Mitglieder der NATO müssten "die Risiken und Verantwortlichkeiten gerecht teilen". Die NATO-Strukturen müssten "schlanker und effizienter werden".

Bereits zum neuen Dialog mit Moskau

Bekräftigt hat der Gipfel die Bereitschaft zur Wiederaufnahme des politischen Dialogs mit Russland. "Russland ist für uns als Partner und Nachbar von besonderer Bedeutung", heißt es in der Schlusserklärung. Die NATO hatte die Arbeit des NATO-Russland-Rates nach dem Einmarsch russischer Truppen in Georgien im vergangenen Sommer auf Eis gelegt.

Die NATO hoffe jetzt darauf, dass es noch vor dem Sommer dieses Jahres auch wieder zu Gesprächen auf Ministerebene komme, heißt es in der Erklärung. "Wir sind bereit, den NATO-Russland-Rat als Dialogforum für alle Fragen zu benutzen - unabhängig davon, ob wir übereinstimmen oder nicht."

Die NATO kritisierte erneut die Anerkennung der georgischen Regionen Südossetien und Abchasien als unabhängige Staaten durch Moskau. Die Staats- und Regierungschefs forderten Russland auf, den mit der EU vereinbarten Truppenrückzug aus Georgien zu verwirklichen. Die Verstärkung der russischen Militärpräsenz in Militärbasen in Südossetien und Abchasien sei "besonders besorgniserregend".

Quelle: ntv.de

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