Politik

Becker in U-Haft Neue Details im Mordfall Buback

Nach über 30 Jahren bringt eine Hausdurchsuchung neue Erkenntnisse im Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback ans Licht. Es besteht der dringende Verdacht, dass die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker an dem Attentat im Jahr 1977 beteiligt gewesen sein soll.

Die Ermordung Siegfried Bubacks im April 1977 gilt als Vorbote des sogenannten Deutschen Herbstes im selben Jahr.

Die Ermordung Siegfried Bubacks im April 1977 gilt als Vorbote des sogenannten Deutschen Herbstes im selben Jahr.

(Foto: AP)

Die frühere RAF-Terroristin Verena Becker ist im Zusammenhang mit dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback in Untersuchungshaft gekommen. Es bestehe der dringende Verdacht, dass sie an dem Attentat im April 1977 in der Karlsruher Innenstadt beteiligt gewesen sei, teilte die Bundesanwaltschaft in Berlin mit. Becker wurde am Donnerstag in Berlin festgenommen und am Freitag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt. Der Haftbefehl sei in Vollzug gesetzt worden, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Ob gegen sie Anklage erhoben wird, ist noch unklar.

Die 57-Jährige habe "wesentliche Beiträge zur Vorbereitung und Durchführung des Anschlags" sowie zum "Nachtatgeschehen" geleistet, hieß es laut Haftbefehl. Allerdings gebe es nach wie vor keine Beweise, dass Becker auch die tödlichen Schüsse auf Buback und seine beiden Begleiter von einem Motorrad aus abgefeuert habe.

Verdacht durch neue Unterlagen erhärtet

Becker auf einem undatierten Fahndungsfoto aus den 1970er Jahren.

Becker auf einem undatierten Fahndungsfoto aus den 1970er Jahren.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der seit langem bestehende Verdacht gegen die frühere Terroristin habe sich nach einer Hausdurchsuchung vor einer Woche erhärtet. "Dabei wurden Unterlagen sichergestellt, deren Inhalt zusammen mit den bereits bisher vorhandenen Beweismitteln den dringenden Tatverdacht begründet, dass Verena Becker als Mittäterin an dem Anschlag beteiligt war", erklärte die Bundesanwaltschaft. Neben Buback starben bei dem Attentat auch dessen Fahrer Wolfgang Göbel und der Justizwachtmeister Georg Wurster.

Zu dem Attentat hatte sich das "Kommando Ulrike Meinhof" der Roten Armee Fraktion (RAF) bekannt. Wer aber auf Buback geschossen hatte, ist bis heute ungeklärt. Unter anderem hatte eine neue DNA-Analyse den Verdacht einer Beteiligung Beckers zuletzt erhärtet, nachdem sie 2008 noch entlastet worden war. An Briefumschlägen, mit denen die damaligen Bekennerschreiben versandt worden waren, war Genmaterial entdeckt worden, das nach dem Gutachten eindeutig von Becker stammt. Der 64-jährige Sohn des ermordeten Generalbundesanwalts, Michael Buback, hatte immer wieder die These geäußert, Becker könne die Todesschützin gewesen sein.

Erstes Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt

Neben Buback starben sein Fahrer und ein Justizwachtmeister.

Neben Buback starben sein Fahrer und ein Justizwachtmeister.

(Foto: AP)

Becker war unter anderem wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes an sechs Menschen im Dezember 1977 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach nur vier Jahren im Gefängnis suchte sie den Kontakt zum Verfassungsschutz. Dabei soll sie RAF-Insiderwissen weitergegeben und erklärt haben, dass der frühere RAF-Terrorist Günter Sonnenberg das Motorrad fuhr, Christian Klar im Fluchtwagen wartete und Stefan Wisniewski vom Motorradrücksitz aus auf Bubacks Wagen schoss. Das Verfahren gegen Becker im Mordfall Buback war im März 1980 ohne eine Anklage eingestellt worden, weil die Beweise dafür nicht ausreichten und sie bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden war.

Der RAF-Forscher Wolfgang Kraushaar verwies im Zusammenhang ihrer jetzigen Festnahme darauf, dass bereits 1977 die Indizien gegen Becker erdrückend waren. "Schon 1977 waren die Indizien so stark, dass Günter Sonnenberg das Motorrad gefahren hat und Verena Becker geschossen hat, dass man sich wundern muss, warum nicht bereits damals gegen sie Anklage erhoben worden ist", sagte der Wissenschaftler des Hamburger Instituts für Sozialforschung der Deutschen Presse-Agentur dpa. "Das ist das eigentlich Skandalöse." Die meisten RAF-Morde sind nie vollständig geklärt worden, weil die verhafteten Terroristen Aussagen zu den Todesschützen verweigerten.

Bubacks Sohn hofft auf neuen Prozess

Bis zu ihrer Festnahme lebte Becker in diesem Haus im Berliner Nobel-Vorort Zehlendorf.

Bis zu ihrer Festnahme lebte Becker in diesem Haus im Berliner Nobel-Vorort Zehlendorf.

(Foto: dpa)

Im November 1989 wurde Becker begnadigt und aus der Haft entlassen. Zuletzt lebte sie in Berlin. Becker hatte jüngst in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung bestritten, etwas mit dem Mord an Buback zu tun zu haben. "Nein, das wissen Sie doch. Die Sache ist für mich erledigt", hatte sie gesagt.

Bubacks Sohn Michael hofft nun auf einen neuen Prozess. Es wäre zu wünschen, dass es zu einer Anklage und zu einem Prozess kommt, der dann die "vollständige Wahrheit" ans Licht bringt, sagte Buback der "Mitteldeutschen Zeitung". "Ich hatte inzwischen die Hoffnung aufgegeben, dass diesem dringenden Tatverdacht nachgegangen wird", sagte Buback.

"Ich habe viele Argumente für den dringenden Tatverdacht vorgelegt, offensichtlich sind jetzt noch Dinge hinzugekommen", sagte Michael Buback. "Es gibt vier voneinander unabhängige Zeugenaussagen, die eine zierliche Frau hinten auf dem Tat-Motorrad gesehen haben. Von dort wurde auch geschossen", sagte Buback der Zeitung.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts

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