Politik

SPD-Sonderparteitag Neue Führung gewählt

Die SPD hat Franz Müntefering zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Auf einem Sonderparteitag in Berlin erhielt der 68-Jährige 403 Ja-Stimmen. Das entsprach einem Stimmenanteil von rund 85 Prozent. Für Müntefering bedeutet das Ergebnis einen Dämpfer. Bei seiner erstmaligen Wahl zum Parteichef 2004 war er auf 95 Prozent gekommen. In der Partei wird Müntefering mitverantwortlich dafür gemacht, dass sich der bisherige Parteichef Kurt Beck vor sechs Wochen zum Rücktritt gedrängt sah.

Müntefering hatte zuvor seine Partei aufgerufen, bei der Bundestagswahl 2009 mit aller Kraft um die Regierungsverantwortung zu kämpfen. Mit der Wahl Münteferings vervollständigte die SPD ihr neues Führungsgespann, nachdem der Parteitag zuvor mit 95 Prozent Zustimmung Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum Kanzlerkandidaten gewählt hatte.

Für Müntefering ist die Wahl zum Parteichef die Rückkehr auf die politische Bühne. Er hatte vor knapp einem Jahr seine Ämter als Vizekanzler und Arbeitsminister aufgegeben, um bei seiner krebskranken Frau zu sein. Sie starb von zweieinhalb Monaten.

Wir glauben an uns

In seinem kämpferischen 88-minütigen Auftritt vor den 525 Delegierten rief der 52-jährige Außenminister den Parteifreunden zu: "Weg mit dem Kleinmut, zeigt Zuversicht und Selbstbewusstsein". Schließt die Reihen." Sechs Wochen nach dem eingeleiteten Führungswechsel habe sich die SPD untergehakt und sei wieder voll im Spiel: "Und wir glauben an uns. Das macht uns stark."

Ein Jahr für die Geschichtsbücher

Nach Steinmeiers Ansicht wird das Jahr 2008 wegen der Finanzkrise in die Geschichtsbücher eingehen. "Jeder spürt es: Wir stehen am Anfang einer neuen Zeit", erklärte er in Anwesenheit der früheren SPD-Kanzler Helmut Schmidt und Gerhard Schröder. "Die Herrschaft einer marktradikalen Ideologie, begonnen mit Margaret Thatcher und Ronald Reagan, ist mit einem lauten Knall zu Ende gegangen." Mit der Schaffung von besseren Regeln für die Finanzbranche sei es aber nicht getan. "Gefordert ist ein umfassender Neuanfang. Wir können jetzt die Regeln des Miteinanders in unserer Gesellschaft neu bestimmen." Nur die SPD habe für diesen Weg "den richtigen Kompass".

"Schutzschirm" für Arbeitsplätze

Der Vizekanzler verteidigte das Rettungspaket der Bundesregierung für die Banken. Diese Aktion sei kein Geschenk für die Finanzinstitute gewesen, sondern Nothilfe. Die SPD werde die Banken auch nicht aus der Verantwortung entlassen, wenn es ihnen wieder besser gehe. Notwendig sei angesichts der abflauenden Konjunktur ein "Schutzschirm" für Arbeitsplätze. Die SPD lasse nicht auch nicht am Kündigungsschutz und der Mitbestimmung rütteln, betonte er. Mindestlöhne seien gerade in der jetzigen schwierigen Phase unverzichtbar.

Steinmeier, der vom Parteitag für seine Rede mehr als sechs Minuten begeistert gefeiert wurde, plädierte für zusätzliche Investitionen des Staates, ohne den Begriff Konjunkturprogramm in den Mund zu nehmen. Mehr Fördermittel sollten in die Gebäudesanierung gesteckt werde, Mittelstand und Handwerk sollten zusätzliche Kredite erhalten. Er appellierte an die Union, den Weg dafür frei zumachen.

Abgrenzung von Linken

Klar grenzte sich der Vizekanzler von der Linkspartei ab. Mit diesen "Populisten" werde es nach der Bundestagswahl keine Zusammenarbeit geben. Er wandte sich auch an den zurückgetretenen Parteichef Kurt Beck, der nicht nach Berlin gekommen war. "Kurt, du hast die Partei durch eine schwierige Zeit geführt - dafür schulden wir dir großen Dank und aufrichtigen Respekt". Steinmeier lobte Finanzminister Peer Steinbrück wegen seines Kriseneinsatzes in den vergangenen Wochen unter dem Jubel der Delegierten. Dem neuen SPD-Chef Müntefering rief Steinmeier zu: "Franz, Ich bin froh, dass du zurück bist". Der Kongress wollte den 68-jährigen Müntefering am Samstagnachmittag zum Nachfolger Becks wählen.

Zur Eröffnung richtete die stellvertretende SPD-Vorsitzende Andrea Nahles heftige Angriffe an die Adresse der Union. Die Taktiererei von CDU/CSU bei der Erbschaftsteuer zeige, dass die SPD so rasch wie möglich wieder das Kanzleramt übernehmen müsse.

Quelle: ntv.de

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