Kein Bauboom im Westjordanland Neue Galgenfrist für Netanjahu
27.09.2010, 15:54 Uhr
Israelis dürfen wieder bauen auf Palästinensergebiet (Foto: Siedlung Kiryat Netafim).
(Foto: dpa)
Die Verhandlungen über eine Verlängerung eines israelischen Baustopps im Westjordanland gehen in die Verlängerung. Eine Woche haben Israel und die Palästinenser damit zusätzlich Zeit, einen Kompromiss zu finden. Die US-Regierung will beiden Seiten offenbar Garantien geben.
Nach dem Ende eines zehn Monate langen Baustopps haben israelische Siedler im Westjordanland mit dem Bau Dutzender neuer Häuser begonnen. Allerdings blieb der befürchtete Bauboom Siedlervertretern zufolge zunächst aus. Ein Grund dafür ist unter anderem das jüdische Laubhüttenfest, das noch bis zum Sonnenuntergang am Donnerstag dauert. Darüber hinaus seien Investoren zögerlich und wollten erst das Ergebnis der politischen Verhandlungen abwarten. Die Palästinenser haben mit dem Abbruch der Gespräche gedroht, falls im Westjordanland wieder gebaut wird.
Derweil gehen die diplomatischen Bemühungen weiter, einen neuen Kompromiss für eine Verlängerung des abgelaufenen Baustopps zu finden. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat an Israel und die Palästinenser appelliert, ihre Friedensgespräche fortzusetzen. "Dazu zählt aber auch, dass eine Siedlungspolitik nicht fortgesetzt werden kann. Sprich, dass ein Einfrieren der Siedlungsaktivitäten aus deutscher Sicht die richtige Entscheidung wäre", sagte Westerwelle.
Auch der französische Staatschef Nicolas Sarkozy plädierte für eine Fortsetzung des Siedlungsmoratoriums, um ein Klima des Vertrauens zu schaffen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wollte sich nach einem Treffen mit Sarkozy in Paris nicht dazu äußern, ob er den Friedensprozess fortsetzt oder abbricht. Abbas verwies auf eine Sitzung eines Komitees von elf Außenministern der Arabischen Liga am 4. Oktober in Kairo. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu appellierte an Abbas, die ernsthaften und guten Gespräche fortzusetzen, um ein historisches Friedensabkommen zu erreichen.
Zahl der Siedler verdreifacht

Auf 2,4 Millionen Palästinenser kommen im Westjordanland 300.000 jüdische Siedler (Foto: Hebron).
(Foto: dpa)
Am Sonntagabend war ein zehn Monate langer Baustopp Israels im Westjordanland abgelaufen. Damit können theoretisch 2066 neue Wohnungen und Häuser gebaut werden, für die entsprechende Genehmigungen bereits erteilt worden sind. In Ariel, wo rund 19.000 Siedler leben, hat nach Angaben des israelischen Rundfunks der Bau eines neuen Viertel begonnen. Dort sollen vorerst 50 neue Wohnungen entstehen.
Im Westjordanland leben nach Angaben der israelischen Statistikbehörde rund 300.000 Siedler sowie 2,4 Millionen Palästinenser. Seit Beginn der ersten Friedensgespräche im Jahr 1991 hat sich die Zahl der Siedler nahezu verdreifacht. Die Palästinenser wollen im Westjordanland und im Gazastreifen sowie im besetzten arabischen Ostteil Jerusalems einen eigenen Staat ausrufen.
Kompromiss gesucht
Nach israelischen Medienberichten bemühen sich beide Seiten, mit Hilfe von US-Vermittlern binnen einer Woche einen Kompromiss zu finden. Eine Idee sei, dass US-Präsident Barack Obama Israel und den Palästinensern schriftliche Garantien gibt.
Ziel einer Verlängerung des Baustopps ist es, Israel und den Palästinensern mehr Zeit zu geben, damit sie sich auf die Grenzen eines künftigen Palästinenserstaates einigen können. Damit würde der Dauerstreit entfallen, wo Israel bauen kann und wo nicht.
Die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas forderte Palästinenserpräsident Abbas auf, die Verhandlungen mit Israel abzubrechen, sobald der Ausbau von Siedlungen fortgesetzt wird. Er hoffe, dass auch die Arabische Liga dieser Linie folgen werde, sagte Politbürochef Chalid Maschaal am Montag in Damaskus.
Quelle: ntv.de, dpa