"Existenzgrundlage bedroht" Neue Klage gegen Rauchverbot
21.12.2007, 07:15 UhrDie Verfassungsklagen gegen das Rauchverbot häufen sich: Nach drei Kneipenwirten aus Baden-Württemberg brachte auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) eine Klage beim Bundesverfassungsgericht auf den Weg.
Man werde in Karlsruhe einen Tübinger Wirt unterstützen, da die DEHOGA nicht von sich aus klagen könne, erklärte der Verband in Berlin. Das Rauchverbot verletze die im Grundgesetz geschützten Rechte auf Berufsfreiheit und Eigentumsfreiheit, es vertreibe die Gäste aus der Gaststätte und bedrohe damit die Existenzgrundlage des Wirts. Zuvor hatten bereits Kneipenwirte aus Mannheim und Schwetzingen eine Klage eingereicht.
"Kein 'Nein' zum Nichtraucherschutz"
Eine Verfassungsbeschwerde sei kein "Nein" zum Nichtraucherschutz, betonte die Hauptgeschäftsführerin des DEHOGA Bundesverbandes, Ingrid Hartges. Dennoch seien vor allem Wirte kleinerer Kneipen über diese "staatliche Bevormundung" verärgert und fürchteten um ihre Existenz. In der kleinen Kneipe des klagenden Tübinger Wirtes rauchen nach Angaben des Verbandes 70 Prozent der Stammgäste. Der Mann habe von August bis November 2007 über 30 Prozent weniger umgesetzt als im Vorjahreszeitraum.
Rauchen ist seit dem 1. August 2007 in Gaststätten in Baden-Württemberg und Niedersachsen nur noch in abgetrennten Räumen erlaubt. Seit 1. Oktober 2007 gilt ein Rauchverbot für die Gastronomie auch in Hessen. Im kommenden Jahr wollen die anderen Bundesländer den Griff zur Zigarette in den Lokalen verbieten.
Auch die Wirte aus Mannheim und Schwetzingen, die ihre Klage bereits eingereicht hatten, sehen nach Angaben des Frankfurter Anwalts Christoph Kremer ihre wirtschaftliche Existenz in Gefahr. Sie hätten als Besitzer von Eckkneipen mit nur einem Raum keine Möglichkeit, ihren Gästen einen Platz zum Rauchen zu bieten. Deshalb wanderten die Gäste in größere Gaststätten mit separatem Raucherbereich ab. Dem Gesundheitsschutz sei damit nicht geholfen.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Der Berliner Verfassungsrechtler Helge Sodan gibt den Klagen aber kaum eine Chance. Selbst bei einem nachgewiesenen Umsatzrückgang durch das Verbot gelte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sagte der Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht dem "Tagesspiegel". Das Gericht müsse das Interesse des Wirtes dann gegen Gemeinwohlbelange abwägen, und die seien gewöhnlich "sehr hoch angesiedelt". Außerdem stehe es einem Wirt frei umzuziehen. "Er hat juristisch keinen Anspruch darauf, dass seine wirtschaftlichen Rahmenbedingungen immer gleichbleiben."
Der Staatsrechtler und Ex-Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz, der die Klage aus Tübingen vorbereitet hat, hält ein Rauchverbot dagegen für verfassungswidrig. "Das Entscheidende ist die Berufs-, die Gewerbefreiheit von kleinen Gaststätten, Stichwort: die berühmte Eckkneipe", sagte Scholz im Bayerischen Rundfunk. Es zeige sich, dass speziell das baden-württembergische Gesetz "katastrophale Auswirkungen hat auf die Umsätze und damit im Grunde den Ruin von solchen Restaurants, von solchen Gaststätten auslöst". Dies sei verfassungswidrig.
Quelle: ntv.de