Pannen und Pleiten bei Terrorfahndung Neue Kommission soll's richten
03.12.2011, 10:27 Uhr
Der mutmaßliche Rechtsextremist Ralf Wohlleben wird von Polizisten abgeführt.
(Foto: dapd)
Noch immer ist es ein Rätsel, wie die Zwickauer Terrorzelle jahrelang in Untergrund leben und Anschläge verüben konnte. Nun soll ein Bund-Länder-Gremium all die Pannen bei der Fahndung nach den Rechtsextremisten näher untersuchen. Die von Bundesinnenminister Friedrich bereits berufene Kommission des Bundes solle aufgelöst werden. Die Grünen fordern dagegen einen Untersuchungsausschuss.
Innenexperten von Union und SPD wollen eine Bund-Länder-Kommission, die die bei der Fahndung nach Rechtsterroristen untersuchen soll. Zur Begründung verwies Hans-Peter Uhl von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auf die föderale Struktur der Sicherheitsbehörden in Deutschland. "Wir müssen also bei Beibehaltung der bestehenden Strukturen bessere Kommunikationsmechanismen entwickeln. Diese Mechanismen sollen von einer gemeinsamen Bund-Länder-Kommission erarbeitet werden", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". Der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann sagte: "Ich sehe für ein solches Gremium gute Chancen."

Jahrelang konnten die Terroristen der Zwickauer Zelle im Untergrund leben.
(Foto: dpa)
Der Zeitung zufolge handeln derzeit die Fraktionsgeschäftsführer von Union und SPD, Peter Altmaier und Thomas Oppermann, federführend die Details aus. Die von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bereits berufene Kommission des Bundes solle aufgelöst werden. Deren für Montag geplante konstituierende Sitzung sei verschoben worden, berichtet die Zeitung unter Berufung auf das designierte Kommissionsmitglied, den früheren CSU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Zeitlmann.
Dem bisher vom Bund geplanten Dreier-Gremium sollten neben Zeitlmann der frühere Präsident von Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst, Hansjörg Geiger, und der Ex-Präsident des Bundeskriminalamtes, Ulrich Kersten, angehören. Sie sollen der Zeitung zufolge in die neue Kommission integriert werden. Das neue Gremium werde voraussichtlich aus mindestens vier Bundes- und vier Länder-Vertretern bestehen und insgesamt etwa ein Dutzend Mitglieder haben, hieß es. Die Kommission müsste von Bundestag und Bundesrat mehrheitlich eingesetzt werden, um ihr vollen Zugang zu allen relevanten Akten und Experten zu verschaffen. Sie solle innerhalb eines Jahres Empfehlungen geben.
Grüne fordern Untersuchungsausschuss
Die Grünen lehnen allerdings eine solche Bund-Länder-Kommission ab. Für ein solches Gremium anstelle eines Untersuchungsausschusses gebe es "weder eine Rechtsgrundlage noch eine Arbeitsgrundlage", sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele.
Er dringt auf eine raschere parlamentarische Aufklärung der Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der Neonazi-Mordserie. "Wir kommen an einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht vorbei", so Ströbele. Die Diskussion über eine von SPD und Union favorisierte Bund-Länder-Kommission behindere und verzögere unnötig die Aufklärung durch den Bundestag.
"Die Bevölkerung erwartet, dass wir uns ganz heftig mit der Sache befassen", sagte Ströbele, der Mitglied im parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr) ist. Bis Weihnachten werde aber im Parlament in diesem Zusammenhang nicht mehr viel passieren. "Dabei hätte ein Untersuchungsausschuss und auch das bestehende Kontrollgremium alle Befugnisse, Zeugen zu laden, Akten auch aus den Bundesländern beizuziehen oder einen Sonderermittler einzusetzen. Die gegenwärtige Diskussion führt auf einen völlig falschen Weg."
Ströbele nannte die Debatte über das Verfahren der Aufklärung problematisch. Das PKGr habe bislang "nicht viel mehr erfahren, als in der Zeitung stand".
Selbst wenn man es schaffe, eine Runde von 10 oder 15 honorigen Persönlichkeiten zusammenzuführen und arbeitsfähig zu machen, seien viele Frage ungeklärt. "Ich fürchte, dass die Arbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums erheblich blockiert wird, wenn wir uns mit diesem bisher noch nie dagewesenen Gremium, seiner Ausstattung und Arbeit befassen müssen", sagte der Grünen-Politiker.
In der vergangenen Woche habe das PKGr lediglich einmal getagt und dabei die meiste Zeit über die Form der Aufklärung diskutiert. "Mit den Erkenntnissen der Spitzen der Sicherheitsdienste haben wir uns deswegen nur sehr eingeschränkt befassen können", kritisierte Ströbele. Eine am Freitag geplante Sitzung der Kontrollrunde sei zudem abgesagt worden.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa