Schäuble: Bankgeheimnis "am Ende" Neue Steuer-CD aufgetaucht
05.02.2010, 20:52 UhrDie Affäre um Steuerbetrüger in der Schweiz zieht größere Kreise. Der Finanzminister von Baden-Württemberg, Stächele, bestätigt Berichte, nach denen seine Behörde vor dem Kauf einer CD mit Daten von weiteren 2000 potenziellen Steuerbetrüger steht. Unterdessen prophezeit Bundesfinanzminister Schäuble, das Bankgeheimnis werde es in der jetzigen Form bald nicht mehr geben.

Nur noch die finanziellen Details sind zu klären: Willi Stächele.
(Foto: picture alliance / dpa)
Auch dem Land Baden-Württemberg liegt ein Kaufangebot von Daten potenzieller Steuersünder vor. Ein Sprecher des Finanzministeriums bestätigte Berichte der "Frankfurter Rundschau" und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ): "Wir haben Daten bekommen und prüfen sie. Wir stimmen unser weiteres Vorgehen mit dem Bund ab", sagte er. Nach Recherchen der Zeitungen handelt es sich um Daten von rund 2000 möglichen Steuersündern.
Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele (CDU) sagte der "SZ": "Wenn alle rechtlichen Fragen geklärt sind, bin ich dafür, die Daten zu kaufen." Derzeit werde noch über über die finanziellen Forderungen des Informanten verhandelt.
Der Datensatz betrifft nach Angaben des Finanzministeriums in Stuttgart Kunden "verschiedener Schweizer Banken und Versicherungen". Man habe schon im vergangenen Jahr Stichproben erhalten. Nun habe der Anbieter "erhebliche Mengen an Daten nachgeliefert". Es handele sich um potenziell interessantes Material. Die Daten beträfen Steuerpflichtige aus dem ganzen Bundesgebiet.
Nach den Informationen handelt es sich um viele Daten von Kunden der Schweizer Bank UBS, auch Kunden von Credit Suisse und des Lebensversicherers Generali seien betroffen.
Schäuble: Informationsaustausch kommt

Wolfgang Schäuble sieht keine Eiszeit in den Beziehungen zur Schweiz.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Bankgeheimnis ist für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auch in der Schweiz "am Ende". Es könne im 21. Jahrhundert kein Instrument mehr sein, "das von Staats wegen die Steuerhinterziehung ermöglicht", sagte Schäuble der "SZ". Trotz des Widerstands aus der Schweizer Bankenbranche rechnet er damit, dass es einen "allgemeinen Informationsaustausch zwischen Deutschland und der Schweiz" geben wird. Die Verhandlungen darüber gingen schrittweise voran.Künftig sollten von der Schweiz Daten über Steuerhinterzieher herausgegeben werden. Ein Ankauf von ausgespähten Daten wäre dann nicht mehr notwendig.
Die Schweizer Banken sperren sich allerdings gegen einen automatischen Informationsaustausch. Einen solchen massiven Eingriff in die Privatsphäre könne die Schweiz nicht akzeptieren, sagte der Geschäftsführer der Schweizerischen Bankiervereinigung, Urs Roth, der "Berner Zeitung". Finanzminister Hans-Rudolf Merz hatte angedeutet, dass für die Schweiz ein von der EU seit langem geforderter und dort üblicher automatischer Informationsaustausch möglich wäre.
"Solche Aussagen sorgen für Unsicherheit", sagte Roth. Dass Deutschland für gestohlene Bankdaten aus der Schweiz zahle, sei ungeheuerlich. "Dass ein Rechtsstaat Unrecht mit Unrecht vergilt, geht doch einfach nicht." Dies komme einer Einladung an potenzielle Datendiebe gleich.
Zehn Selbstanzeigen in Niedersachsen
Eine Sprecherin Schäubles erklärte unterdessen, eine seriöse Aussage über das Ausmaß der Steuerhinterziehung sei nicht möglich. Die "SZ" hatte zuvor von etwa 400 Millionen Euro gesprochen. Insgesamt sollen bis zu 100.000 Deutsche rund 23 Milliarden Euro an der Steuer vorbei auf Schweizer Konten versteckt haben. Auf der Steuer-CD sollen bis zu 1500 Namen stehen. Wie viele davon tatsächlich Steuern hinterzogen haben, ist offen.
In Expertenkreisen wird die Größenordnung der Affäre angezweifelt. "Das werden keine 400 Millionen Euro sein", sagte der Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht, Andreas Hagenkötter. Die Regierung baue eine Drohkulisse auf, damit es möglichst viele Selbstanzeigen gebe.
In Niedersachsen gingen inzwischen zehn Selbstanzeigen ein. Das Finanzministerium in Hannover teilte mit, dass es um nicht versteuerte Einnahmen von insgesamt mehr als 3 Millionen Euro gehe. Für den Staat bedeute das rund 1,2 Millionen Euro mehr Steuern. Bei den hessischen Finanzämtern meldeten sich diese Woche 27 reuige Steuersünder. Auch in anderen Ländern zeigten sich Bürger selbst an. Offen blieb, ob es einen Zusammenhang zur Schweiz-Affäre gab.
Quelle: ntv.de, cba/dpa