"Nicht nur Genöle" Neue Töne aus der CSU
06.01.2007, 08:21 UhrAngesichts der Dauerquerelen um die Gesundheitsreform sorgt sich CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer um den Ruf seiner Partei. Er wolle das "Beharren der CSU nicht nur als Gemecker und Genöle verstanden wissen, sondern als verantwortungsbewusstes Handeln", sagte Raumsauer beim Dreikönigstreffen der Münchner CSU.
"Wir müssen schauen, dass das Ganze nicht untergeht in einem Genörgele, sondern sehen, dass die Gesundheitsreform auch große Visionen verfolgt", sagte Ramsauer weiter. Die Reform sei notwendig, damit in Deutschland "eine Weltklassemedizin ohne Ansehen des Alters oder des Geldbeutels" gewährleistet werde.
Zugleich betonte er erneut, dass der jetzige Gesetzentwurf aus Sicht der CSU noch nicht zustimmungsfähig sei. Die Partei werde in den nächsten Wochen daher genau prüfen, "was auf uns zukommt und was verantwortbar ist". Die CSU und Teile der CDU werfen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) immer wieder vor, Vereinbarungen falsch oder schlecht umzusetzen.
Theoretisch sei ein Scheitern der Reform zwar möglich. "Ich glaube es aber nicht", sagte Ramsauer. "Wir wollen die Reform, weil wir sie brauchen."
Selbst Stoiber ist optimistisch
Auch Ministerpräsident Edmund Stoiber zeigte sich zuversichtlich. "Ich bin optimistisch, dass wir ein Inkrafttreten der Gesundheitsreform wie vereinbart hinbekommen", sagte der CSU-Chef der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Die CSU ist ein verlässlicher und berechenbarer Partner in der großen Koalition."
Spitzenpolitiker der CSU kommen an diesem Sonntagabend in der Münchner Staatskanzlei mit Stoiber zusammen, um die weitere Marschroute bei der Gesundheitsreform festzulegen. Die Zeit drängt: Anfang Februar soll im Bundestag über die Gesundheitsreform abgestimmt werden, am 1. April soll sie in Kraft treten.
"CSU entwickelt sich immer mehr zum Störenfried"
Die SPD-Führung forderte Stoiber auf, die Kritik seiner Partei an der Gesundheitsreform zu stoppen. "Die CSU entwickelt sich immer mehr zum Störenfried innerhalb der Koalition", sagte Fraktionschef Peter Struck zum Auftakt einer SPD-Klausur in Bremen. "Es ist Aufgabe auch von Herrn Stoiber, das in Ordnung zu bringen."
SPD-Chef Kurt Beck sagte, er gehe davon aus, "dass das, was vereinbart worden ist, gilt". Dafür stehe auch Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Ich habe auch von der Kanzlerin überhaupt keine anderen Hinweise aus unseren letzten Gesprächen."
Die Reform ist auch in der SPD umstritten. Struck räumte ein, dass es in seiner Fraktion Gegenstimmen geben werden. "Aber das ist nicht wirklich relevant."
CDU fordert Länder zu Zustimmung auf
Derweil appellierte Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) an die Länder, der Gesundheitsreform zuzustimmen. Durch das jüngste Gutachten des Wirtschaftsweisen Bert Rürup sei die Frage der Folgekosten für die Länder geklärt, sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag". Deshalb sei das Thema erledigt.
Offen sei nur noch, für wen der neue Basistarif in der privaten Krankenversicherung (PKV) gelten solle. "Wenn sie gelöst ist, und ich sehe da kein Problem, wird die Reform Anfang Februar vom Bundestag beschlossen", sagte Kauder.
Die Länder seien bei der Formulierung des Gesetzes einbezogen. Daher sei auch ein Machtwort der Kanzlerin nicht nötig. "Ich gehe davon aus, dass dann das, was wir im Bundestag beschließen, auch im Bundesrat beschlossen wird", sagte Kauder weiter.
Bayern auf PKV umgeschwenkt
Die unions-regierten Länder Bayern und Baden-Württemberg sehen auch nach Vorlage des Rürup-Gutachtens ihre Kritik an der Gesundheitsreform als nicht entkräftet an. Während Baden-Württemberg vor allem die angegebenen Zusatzkosten weiter bezweifelt, konzentriert sich die bayerische Kritik nunmehr auf die Vorschläge zur privaten Krankenversicherung, durch die sie die Existenz der Branche gefährdet sieht.
Eine Zustimmung Baden-Württembergs zur Gesundheitsreform gilt allerdings ohnehin als äußerst unwahrscheinlich, weil in Stuttgart eine schwarz-gelbe Koalition regiert. Die baden-württembergische FDP hat bereits angekündigt, dass Baden-Württemberg der Reform im Bundesrat nicht zustimmen werde. Auch an den Landesregierungen von NRW und Niedersachsen ist die FDP beteiligt.
Streit um PKV
Kauder sagte, der neue Basistarif sollte nur für Personen gelten, die aus der Privatversicherung herausgefallen seien. "Alles andere würde das Geschäftsmodell der PKV gefährden", sagte er.
Rürup widersprach dem. Der vorgesehene Basistarif werde zwar das derzeit dominierende Geschäftsmodell der PKV, die so genannte substitutive Vollversicherung, beeinträchtigen, sagte er dem "Focus". Das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb der privaten Krankenversicherung werde damit nicht in Frage gestellt. Allerdings dürfte die Reform Folgen für die Einkommen der Ärzte haben. "Die Privathonorare der Ärzte werden sinken, falls der Basistarif in einem größeren Umfang angenommen wird, oder gar die Beihilfe für Beamte sich nur noch am Basistarif orientiert."
Quelle: ntv.de