EU-Erweiterung ausgehandelt "Neues Europa geboren"
01.01.2003, 13:18 UhrDer EU-Erweiterungsgipfel in Kopenhagen ist am Freitagabend erfolgreich zu Ende gegangen. Die Europäische Union handelte mit zehn mittel- und osteuropäischen Staaten die größte Erweiterung in ihrer Geschichte aus. Nach einer harten Pokerpartie vor allem mit Polen um die Finanzierung der für 2004 geplanten Erweiterung erreichten die 25 Staaten nach Angaben aus der dänischen Ratspräsidentschaft am Freitagabend in Kopenhagen eine vollständige Einigung.
"Erstmals in der Geschichte wird Europa durch den freien Willen seiner Menschen vereinigt", erklärte EU-Kommissionspräsident Romano Prodi. Der EU-Ratspräsident und dänische Regierungschef Anders Fogh Rasmussen sagte, "unser neues Europa ist geboren". Bundeskanzler Gerhard Schröder sprach von einem "historischen Tag". Auf die Erweiterung müsse nun aber die Vertiefung der Gemeinschaft folgen. "Das erweiterte Europa muss politisch führbar bleiben", sagte Schröder nach Abschluss des Gipfels.
Polen erreichte Diplomaten zufolge noch letzte Nachbesserungen an einem zuvor von Schröder vorgestellten Finanzierungsangebot. Diese sollen sich über insgesamt 133 Mio. Euro belaufen.
Schröder hatte vor der letzten Nachbesserung des Angebots gesagt, an Polen solle eine Mrd. Euro früher als bisher geplant ausgezahlt werden. Dies ändere nichts am Gesamtbudget für die Erweiterung. Deutschland müsse wie die anderen Netto-Zahler aber früher Geld im Haushalt bereit stellen. Die Zahlungen würden sich in den Haushalten der Jahre 2005 und 2006 niederschlagen. Für die anderen Kandidatenländer könnten in nachvollziehbaren Fällen zusätzlich insgesamt bis zu 300 Mio. Euro mobilisiert werden.
"Polen will mehr Geld"
Doch Polen lehnte Diplomaten zufolge in einer dritten Verhandlungsrunde mit der dänischen Ratspräsidentschaft das EU-Angebot zunächst ab und erreichte damit Nachbesserungen. Diplomaten zufolge soll Polen unter anderem rund 108 Millionen Euro extra für die Sicherung seiner Grenzen bekommen.
Eine Einigung über das Finanzpaket war die Voraussetzung für den angestrebten Beschluss zur Aufnahme der zehn Kandidaten im Jahr 2004. In dieser Runde sollen Polen, Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Malta und Zypern aufgenommen werden. Rumänien und Bulgarien wird ein Beitritt im Jahr 2007 in Aussicht gestellt.
Das Paket der dänischen Präsidentschaft sieht für 2004 bis 2006 Kosten in Höhe von 40,4 Milliarden Euro vor. Diese Grenze werde mit dem neuen Angebot nicht überschritten, sagte Schröder vor der letzten Verhandlungsrunde.
Türkei rückt Beitrittsgesprächen näher
Die Türkei schien trotz Enttäuschung zu akzeptieren, dass die EU erst in zwei Jahren über die Aufnahme von Beitrittsgesprächen entscheiden will. Der Chef der regierenden türkischen Partei AKP, Tayyip Erdogan, sagte, sein Land werde sein Bestes tun, um Ende 2004 Verhandlungen zu beginnen.
Zuvor hatte die Türkei vehement für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen bereits im kommenden Jahr gekämpft und war dabei auch von US-Präsident George W. Bush unterstützt worden. Die EU einigte sich jedoch darauf, im Dezember 2004 zu prüfen, ob sich die Menschenrechtssituation in der Türkei verbessert hat und das Land reif für Verhandlungen ist.
Zypern-Verhandlungen ergebnislos
Die Zypern-Verhandlungen am Rande des EU-Gipfels sind unterdessen ergebnislos beendet worden. Das bestätigte der Präsident der unabhängigen Republik der Inselgriechen, Glafkos Klerides. Unter der Regie der UNO war versucht worden, eine Grundsatzverständigung mit der türkisch-zyprischen Minderheit zur Wiedervereinigung der Insel zu erreichen.
Nun plant die EU, nur den griechischen Teil Zyperns 2004 in die EU aufzunehmen. Der türkische Norden könnte später beitreten, hieß es. Zunächst müsste die Türkei den Bedingungen zur Wiedervereinigung zustimmen. Der türkische Zypriotenführer Rauf Denktasch, der wegen Krankheit nicht an den Verhandlungen in Kopenhagen teilnehmen konnte, sagte, die EU habe mit Drohungen eine Lösung erzwingen wollen.
Demonstranten am Tagungsort
Etwa 500 Demonstranten drangen bis an den Tagungsort des EU-Gipfels vor. Die genehmigte Protestaktion der Gruppe "GlobaleWurzeln" blieb aber friedlich.
Quelle: ntv.de