Nach der Wahl in Birma Niebel will Sanktionen stoppen
02.04.2012, 14:03 Uhr
NLD-Anhänger feiern den Wahlsieg.
(Foto: dpa)
Mit bemerkenswertem Tempo ging der Demokratisierungsprozess in Birma voran. Davon zeigt sich zumindest Entwicklungsminister Niebel überzeugt. Für den Fortschritt gebührt dem Land laut dem FDP-Politiker nun eine diplomatische und materielle Belohnung.
Nach dem Erfolg der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bei der Nachwahl in Birma hat Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel ein Ende der EU-Sanktionen gegen das Land gefordert. Jetzt sei der Zeitpunkt, an dem in der Europäischen Union entschieden werden müsse, ob die Sanktionen auslaufen sollten oder nicht, sagte der FDP-Politiker dem rbb-inforadio.
Mit den bisherigen Sanktionen habe man das asiatische Land wieder ein Stück in die Völkergemeinschaft zurückgeführt, betonte Niebel. Notwendig ist laut dem Minister jetzt eine Reform-Dividende, um auch Skeptikern der Regierung zu zeigen, dass sich eine Öffnung lohne. Den Erfolg Suu Kyis bezeichnete Niebel als wichtigen Schritt hin zu mehr Demokratie. Das Tempo der Demokratisierungsprozesse in Birma nannte er "bemerkenswert".
Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, forderte die Europäische Union auf, ihre Sanktionen gegen das asiatische Land zu lockern. Die EU sollte ihre Drohpolitik beenden und die Machthaber in Birma bei der weiteren Öffnung des Landes zur Demokratie unterstützen, sagte Löning im Deutschlandfunk. Dies sei auch die Voraussetzung für eine Wiederaufnahme der Entwicklungspolitik, erklärte der FDP-Politiker.
Suu Kyi sieht neue Ära heraufziehen
Die Partei von Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi hat bei der Nachwahl in Birma nach eigenen Angaben einen Erdrutschsieg errungen. Von den 45 zur Wahl stehenden Sitzen habe die Nationale Liga für Demokratie (NLD) 44 Mandate gewonnen, sagte der Wahlkampfmanager der Partei, Nyan Win. Bislang war von 43 Sitzen die Rede.
Die Wahlkommission werde wohl bald die Ergebnisse veröffentlichen. Sollten sich die Angaben bestätigen, hätte die NLD sogar vier Sitze in der Hauptstadt Naypyitaw gewonnen. Die Stadt wurde von der früheren Militärjunta neu angelegt und wird hauptsächlich von Regierungsangestellten und Militärpersonal bewohnt. Bereits am Sonntag hatte die NLD erklärt, dass die 66-jährige Volksheldin Suu Kyi ihren Wahlkreis gewonnen und damit erstmals einen Sitz in der Volksvertretung errungen hätte.
Suu Kyi sieht unterdessen eine "neue Ära" für Birma heraufziehen. Die von ihrer Partei erzielten Wahlerfolge seien ein "Triumph" für alle Bürger, die sich für eine Teilnahme am politischen Leben entschieden hätten, sagte Suu Kyi. Sie hoffe nunmehr auf eine "wahrhaft demokratische Atmosphäre" in Birma. Sie wünsche sich, dass "alle an den Wahlen beteiligten Parteien" bereit seien, mit der Liga für Demokratie zusammenzuarbeiten.
"Sieg des Volkes"
Den Wahlerfolg der NLD begrüßte Suu Kyi als "Sieg des Volkes". Zugleich rief sie ihre Unterstützer auf, Ruhe zu bewahren und andere Parteien und Menschen nicht vor den Kopf zu stoßen. Tausende NLD-Anhänger hatten am Sonntag bis zum späten Abend vor dem Sitz der Partei in Rangun gejubelt und gefeiert.
Bei den Nachwahlen am Sonntag ging es um 45 Mandate: 37 im Unterhaus, sechs im Oberhaus und zwei in Regionalversammlungen. Die Sitze waren neu zu vergeben, nachdem die Mandatsträger in Regierungsämter wechselten. Die NLD bewarb sich um 44 der 45 Mandate.
Es war Suu Kyis erste Kandidatur für einen Parlamentssitz. Sie saß zwischen 1990 und 2010 die meiste Zeit im Gefängnis oder stand unter Hausarrest. Die NLD hatte die Parlamentswahl 1990 gewonnen, doch verhinderte das Militär damals die Regierungsübernahme der Partei.
Trotz des offensichtlichen Wahlsiegs der NLD werden weiterhin die Militärs das Parlament dominieren. Bei den Nachwahlen ging es lediglich um sieben Prozent aller Mandate. Die Abstimmung hat dennoch große Bedeutung für das international isolierte Land. Sie könnte die Tür für mehr Demokratie und damit auch für eine Lockerung von Sanktionen eröffnen.
Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa