Politik

Afghanistan als "Land voller Chancen" Niebel zeichnet schönes Bild

Die Bundesregierung sieht trotz vieler Mängel beim Wiederaufbau in Afghanistan auch Fortschritte. Nach Ansicht von Entwicklungsminister Niebel ist schon vieles besser geworden. Er warnt davor, die Erfolge klein zu reden. Auch für die deutsche Wirtschaft sei Afghanistan ein "Land voller Chancen". Die Opposition wirft Niebel Schönfärberei vor und kritisiert die Verzahnung von zivilem und militärischem Engagement.

Niebel will sich seine Meinung zu Afghanistan nicht ausreden lassen.

Niebel will sich seine Meinung zu Afghanistan nicht ausreden lassen.

(Foto: dpa)

Die Bundesregierung will die Zahl der Entwicklungshelfer in Afghanistan massiv aufstocken. Künftig sollten 2500 Mitarbeiter den zivilen Aufbau Afghanistans vor Ort unterstützen, 800 mehr als derzeit, kündigte Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel in einer Regierungserklärung an. Zugleich hob er die Erfolge der Aufbauarbeit hervor. "Die Kinder lassen wieder Drachen steigen", sagte er mit Verweis auf den alten Nationalsport der Afghanen. Er sei beeindruckt vom Aufbauwillen der der Afghanen. Die Opposition im Bundestag sprach von Schönfärberei des Ministers und forderte unabhängige Bericht zur Lage in Afghanistan.

"Der Faktencheck für Afghanistan straft diejenigen Lügen, die mit schwarzmalerischer Rhetorik versuchen, den kompletten Einsatz Deutschlands zu diskreditieren", sagte Niebel. Jede vierte Frau erhalte bei der Geburt medizinische Hilfe, die Kindersterblichkeit sei von 250 auf 161 pro tausend Lebendgeburten gesunken. Der Getreideertrag habe sich seit 2000 mehr als verdoppelt. Die Zahl der Kinderverheiratungen sei um weit über 60 Prozent zurückgegangen. Während Mädchen unter den Taliban nicht zur Schule gehen durften, machten sie jetzt einen Anteil von knapp 40 Prozent der Grundschüler aus. 28 Prozent der Abgeordneten im Parlament seien Frauen.

Chancen für die deutsche Wirtschaft

Niebel mit kugelsicherer Weste, obligatorischer Mütze und traditionellem Umhang in der Nähe des deutschen Bundeswehrlagers Masar-i-Scharif.

Niebel mit kugelsicherer Weste, obligatorischer Mütze und traditionellem Umhang in der Nähe des deutschen Bundeswehrlagers Masar-i-Scharif.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für die deutsche Wirtschaft sei Afghanistan ein "Land voller Chancen", so Niebel. Als größte Probleme nannte er weit verbreitete Korruption, fehlende Rechtssicherheit und schlecht funktionierende staatliche Instanzen. Die Weltbank prognostiziert für Afghanistan für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von 8,5 bis neun Prozent, das Bruttosozialprodukt habe sich seit 2002 fast vervierfacht. Derzeit sind am Hindukusch annähernd 4900 deutsche Soldaten im Einsatz.

In ihrem Mitte Dezember veröffentlichten Fortschrittsbericht hatte die Bundesregierung bereits Fortschritte bei Bildung und Aufbau der Infrastruktur gelobt, zugleich aber Korruption und Defizite im Justizsektor bemängelt.

Opposition fordert unabhängigen Bericht

"Ausweitung und Aufwertung des zivilen Aufbaus sind aber noch längst nicht da, wo wir hinmüssen", kritisierte dagegen SPD-Bundestagsfraktionsvize Gernot Erler. Die "ungezügelte Korruption" würge alle Erfolge ab "wie ein gefährlicher Parasit". Die Linkspartei warf Niebel vor, ein "völlig beschönigendes Bild" zu zeichnen. Die Situation in Afghanistan sei "katastrophal", sagte die Linken-Abgeordnete Heike Hänsel. Die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Ute Koczy, forderte eine "unabhängige, externe Bewertung" des deutschen Engagements in Afghanistan. Dies sei auch durch den im Dezember veröffentlichten Fortschrittsbericht der Bundesregierung nicht gewährleistet.

Die Opposition kritisierte auch den Ansatz einer engen Kooperation von Soldaten und zivilen Helfern in Afghanistan. Erler forderte Niebel auf, nicht länger "Druck" auf Nichtregierungsorganisationen auszuüben. Koczy bezeichnete die zivil-militärische Zusammenarbeit als "überflüssig wie ein Kropf", da sie die Neutralität der Entwicklungsarbeit torpediere. Niebel verteidigte dagegen die Verzahnung von militärischen und zivilen Projekten. Dies bedeute keine Militarisierung der Entwicklungspolitik, sondern lediglich eine "bessere Abstimmung im Sinne des gemeinsamen politischen Ziels".

Bedingungen für Entwicklungshilfe

Nach dem Willen der Union soll die deutsche Entwicklungshilfe für Afghanistan stärker von Fortschritten der Regierung in Kabul beim Kampf gegen die Korruption abhängen. "Wir dürfen nicht bedingungslos Geld ins Land pumpen", sagte der entwicklungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Holger Haibach (CDU). Entscheidend sei nicht die Höhe der Hilfen für Afghanistan. "Es wird genug Geld vorhanden sein, um Projekte zu machen", sagte Haibach. Die Zahlungen müssten aber richtig eingesetzt werden und dürften nicht dazu führen, Vetternwirtschaft und Bestechlichkeit zu fördern.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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