Politik

Regierung von Wilders Gnaden Niederlande wieder arbeitsfähig

Verhagen und Rutte (l. und M.) dürfen schalten und walten, wenn Wilders (r.) es zulässt.

Verhagen und Rutte (l. und M.) dürfen schalten und walten, wenn Wilders (r.) es zulässt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach langen Verhandlungen haben die Niederlande eine neue Regierung. Eine Parlamentsmehrheit hat das Minderheitskabinett aus Liberalen und Christdemokraten aber nur, solange Islamgegner Geert Wilders es nicht fallen lässt.

Genau 127 Tage nach vorgezogenen Wahlen ist die erste Minderheitsregierung der Niederlande seit dem Zweiten Weltkrieg vereidigt worden. Sie lässt sich im Parlament durch den populistischen Islamgegner Geert Wilders dulden. Im Beisein von Königin Beatrix legten die Mitglieder des gelb-schwarzen Kabinetts den Amtseid auf die Verfassung ab. Danach präsentierten sich die drei Frauen und neun Männer der von Mark Rutte geführten Regierung mit der 72-jährigen Monarchin zum traditionellen Gruppenfoto auf den Stufen des königlichen Residenzschlosses Huis ten Bosch.

Mit dem 43 Jahre alten Ministerpräsidenten Rutte steht erstmals seit 1918 wieder ein Liberaler an der Spitze eines Kabinetts in Den Haag. Vizeregierungschef und Wirtschaftsminister ist der bisherige Außenminister Maxime Verhagen (54) vom Christdemokratischen Appell (CDA). Das Außenministerium wird nun von Uri Rosenthal (65) geführt. Der Verwaltungsfachmann gehört Ruttes rechtsliberaler Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) an.

Geduldete, knappe Mehrheit

Mit der Vereidigung des Kabinetts wurde Wilders endgültig zur Grauen Eminenz der Politik in Den Haag. Das Kabinett aus VVD und CDA kann nicht gegen seinen Willen regieren, denn die zwei Parteien verfügen lediglich über 52 der 150 Mandate im Parlament Tweede Kamer. Zusammen mit Wilders' Partei für die Freiheit (PVV), mit dem sie eine Duldungsvereinbarung unterzeichneten, kommen VVD und CDA auf 76 Mandate - also auf die denkbar knappste Mehrheit von einer Stimme.

Für Marc Rutte dürfte das Regieren kein Spaziergang werden.

Für Marc Rutte dürfte das Regieren kein Spaziergang werden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Senat, der Gesetzesvorlagen zurückweisen kann, sind die Regierungsparteien von einer Mehrheit noch weit entfernt. Die PVV ist in dem mit dem Bundesrat in Deutschland vergleichbaren Gremium bislang nicht vertreten. Das könnte sich aber nach Senatswahlen im März ändern.

Die vorgezogenen Wahlen zur Tweede Kamer waren nötig geworden, nachdem im Februar die schwarz-rote Regierungskoalition am Streit um den Militäreinsatz in Afghanistan zerbrochen war. Der Abzug der Niederländer ist inzwischen weitgehend abgeschlossen. Allerdings hat die NATO Den Haag bereits vor der Vereidigung der neuen Regierung gebeten, künftig die Ausbildung von afghanischen Sicherheitskräften durch die Entsendung eines neuen Kontingents zu unterstützen.

Strippenzieher im Hintergrund

Obwohl Wilders nicht direkt an der Regierung beteiligt ist, verfügt er nun über erheblichen Einfluss auf die Politik des Königreichs. Gemäß dem Duldungsabkommen soll in den Niederlanden nun ein generelles Verbot des Ganzkörperschleiers Burka erlassen werden. Wilders kündigte an, die Einwanderung von Menschen aus islamischen und anderen nichtwestlichen Ländern werde um 50 Prozent zurückgedrängt.

Zu den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen gehören Einsparungen zur Sanierung des Staatshaushalts in Höhe von 18 Milliarden Euro. Unter anderem sollen die Entwicklungshilfe und die EU-Beiträge der Niederlande gekürzt werden. Das Parlament und der Beamtenapparat sollen verkleinert werden.

Zugleich sollen 3000 Polizisten zusätzlich eingestellt werden. Zusätzliche Mittel will die Regierung in den Bau von Schnellstraßen stecken, und das Tempolimit auf Autobahnen soll von 120 auf 130 Stundenkilometer steigen. Im sozialen Bereich, wo Wilders oft eher linke Positionen bezieht, soll mehr Geld für die Altenfürsorge ausgegeben werden. Zudem soll das Rentenalter nicht mehr auf 67, sondern vorerst nur auf 66 Jahre erhöht werden.

Kiffen nur für Mitglieder

Freuen können sich in Holland auch viele Raucher: Das Paffen soll in kleinen Kneipen mit weniger als 70 Quadratmeter Grundfläche wieder erlaubt werden. Hingegen sollen sogenannte Coffeeshops, in denen bislang das Haschischrauchen geduldet wird, in Mitglieder-Clubs umgewandelt werden.

Quelle: ntv.de, dpa

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