Politik

OPCW wird für Chemiewaffenvernichtung geehrt Nobelpreis für eine Notlösung

Ein OPCW-Mitarbeiter bei einer Übung in Deutschland.

Ein OPCW-Mitarbeiter bei einer Übung in Deutschland.

(Foto: REUTERS)

Mit dem Friedensnobelpreis wird in diesem Jahr die OPCW gewürdigt, die weltweit Chemiewaffen unschädlich macht. Die aktuelle Mission in Syrien läuft gut. Ihr Erfolg ist aber jemand anderem zuzuschreiben.

Nobelpreise werden verliehen

Heute werden die Nobelpreise 2013 überreicht. Für ihren Kampf für eine Welt ohne Chemiewaffen erhält die Organisation OPCW in Oslo den Friedensnobelpreis. Am Nachmittag folgt in Stockholm die Verleihung der Preise für Medizin, Physik, Chemie, Wirtschaftswissenschaft und Literatur.

Ein solches Projekt hat die Welt noch nicht gesehen: In wenigen Wochen sollen die Massenvernichtungswaffen des Assad-Regimes auf ein Schiff verladen und dann weit hinaus auf das Mittelmeer transportiert werden. An Bord werden drei Container mit neuester Technik sein, die aus dem hochgefährlichen Material normalen Giftmüll machen. Um das Schiff herum wird die Marine der USA mit mehreren Kampfbooten kreuzen, auch der Luftraum soll überwacht werden. Die Vernichtung von Kampfstoffen auf hoher See ist nicht gerade naheliegend. Der logistische Aufwand ist um einiges höher als an Land. Vorbilder gibt es für die Mission nicht.

Obwohl die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) nicht als Favorit für den Friedensnobelpreis galt, gab es großes Lob für die Entscheidung der Jury, als diese den Preisträger verkündete. Die Bilder von elendig verreckenden Kindern aus Syrien waren da gerade erst über die Fernsehsender gelaufen. In Syrien unternimmt die OPCW ihre bisher schwierigste Mission. Die Vernichtung von Massenvernichtungswaffen ist ihr Geschäft, in Syrien muss sie aber mitten im Bürgerkrieg agieren. Zum ersten Mal entschied sie, dass Waffen nicht im Land selbst, sondern außerhalb vernichtet werden sollen.

Mission könnte schneller laufen als geplant

OPCW-Direktor Ahmet Üzümcü in Oslo

OPCW-Direktor Ahmet Üzümcü in Oslo

(Foto: REUTERS)

Trotz der widrigen Umstände scheint bisher alles gut zu laufen: Die syrischen Behörden kooperieren nach Aussage der OPCW, befürchtete Anschläge auf die Inspektoren-Teams blieben aus. Weil die USA drei hochmoderne Hydrolyse-Anlagen hervorzauberten, könnte der Zeitplan für die Vernichtung sogar deutlich unterboten werden.

Die drei Vernichtungsanlagen sollen in zwei normale Schiffscontainer passen, die unter Deck des Schüttgutfrachters "Cape Ray" untergebracht werden sollen. Die Kampfstoffe, laut US-Verteidigungsministerium sind es "hunderte Tonnen", sollen im syrischen Hafen Latakia verladen werden. Allerdings kommen sie zuerst auf ein anderes Schiff, das sie in einem weiteren Hafen an die "Cape Ray" übergibt. Den Zwischentransport regeln Dänemark und Norwegen. Die Hydrolyse-Reaktoren sollen je nach Material pro Tag 5 bis 25 Tonnen Senfgas, Sarin und VX vernichten können. Dazu werden das explosive Natriumhypochlorit und viel Wasser benötigt. Das Abfallprodukt hat das 5- bis 14-fache Volumen des Ausgangsmaterials. Es soll an Land von privaten Firmen entsorgt werden.

Bislang war Mitte 2014 die Zielmarke für den Abschluss des Projekts. Nun spricht das US-Verteidigungsministerium von 45 bis 90 Tagen, die für die Beseitigung nötig sind. Wenn der Transport zügig vonstatten geht, kann die bislang schwierigste Mission der OPCW damit schon im März 2014 erledigt sein.

Kein geeignetes Land wollte Verantwortung übernehmen

Dass die Mission überhaupt zustande kam, ist allerdings nicht der Verdienst der OPCW. Sie kann kein Land zur Vernichtung seiner Waffen zwingen. Nur unter dem Druck der USA trat Syrien der Chemiewaffenkonvention bei und Machthaber Baschar al-Assad ließ die Inspektoren in sein Land. Auch in Syrien selbst kann die OPCW nur beobachten: Das Zerdeppern von Abfüllanlagen und den Abtransport von Fässern regelt die syrische Armee. Die Inspekteure stehen lediglich daneben und kontrollieren.

Weil die Vernichtung der Chemiewaffen mitten im Bürgerkrieg zu gefährlich wäre, sollen sie nun außer Landes geschafft werden. Damit wurde es ernst für die Mitgliedstaaten der OPCW, die alle ein Interesse an der Mission haben. Ihre Reaktion zeigte, wie schwach eine internationale Organisation ist, wenn sie keine Unterstützung erhält: Laut Medienberichten wurden Norwegen, Frankreich und Belgien angefragt, die Kampfstoffe auf ihrem Gebiet unschädlich machen zu lassen. Doch sie lehnten alle ab.

Ein Sprecher des deutschen Außenministeriums sagt, Deutschland sei nicht gebeten worden, den Job zu übernehmen. Dabei hatte Minister Guido Westerwelle noch im November betont, wie viel nützliches Know-How es hierzulande gäbe. Doch die Frage nach einer Vernichtung in Deutschland stelle sich nicht, so der Minister damals. Andere Länder seien geeigneter. Tatsächlich hätte es nahe gelegen, die Chemikalien nach Albanien zu bringen: Es ist nicht weit von Syrien entfernt und hat erst 2007 mit Hilfe der USA seine eigenen Chemiewaffen vernichtet. Die Amerikaner fragten das Land offiziell an, doch die Bevölkerung protestierte. Am Ende wies die albanische Regierung die Bitte ab.

Quelle: ntv.de

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