Opposition will durchhalten Notstand in Bangkok
16.05.2010, 17:39 Uhr
Barrikaden brennen: Bangkok glich am Wochenende in Teilen einem Kriegsschauplatz.
(Foto: REUTERS)
Mehr als 20 Menschen sind bislang bei den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Bangkok ums Leben gekommen. Zwar beruhigt sich die Lage etwas, aber Opposition wie Regierung zeigen sich bislang wenig kompromissbereit. Premier Abhisit schimpft gegen die "Terroristen" und weitet den Notstand auf fünf Provinzen aus.
Der seit zwei Monaten andauernde Machtkampf in Thailand hat einen dramatischen Höhepunkt erreicht. Bei Straßenschlachten kamen in der Hauptstadt Bangkok in den vergangenen Tagen mindestens 25 Menschen ums Leben, mehr als 215 weitere wurden verletzt. Ganze Straßenzüge im Zentrum der 15-Millionen-Metropole glichen einer Kriegszone. Soldaten feuerten mit scharfer Munition auf Demonstranten. Die Regierungsgegner bewarfen die Sicherheitskräfte mit Benzinbomben und Steinen. Zudem setzten sie Fahrzeuge und Reifen in Brand.
Am Sonntag flauten die Kämpfe aber ab. Eine geplante nächtliche Ausgangssperre blies die Regierung nach Beratungen mit dem Militär deshalb ab. Stattdessen dehnte Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva aus Sorge vor einer Ausweitung der Unruhen den Notstand auf fünf weitere Provinzen aus. Neben der Hauptstadt gilt er damit für insgesamt 17 Provinzen, was ungefähr einem Viertel der Verwaltungsbezirke entspricht. Davon liegen die meisten im Nordosten, der als Hochburg der Regierungsgegner gilt. Zugleich erklärte die Regierung Montag und Dienstag zu Ruhetagen. Geschäfte, Schulen und öffentliche Einrichtungen bleiben demnach weitgehend geschlossen. Der Aktienmarkt in Bangkok soll aber öffnen.
Opposition stellt Bedingungen
Das Geschäftsviertel im Zentrum Bangkoks wird noch immer von mindestens 5000 Rothemden besetzt gehalten, darunter sind Frauen und Kinder. Die Anhänger des 2006 gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra fordern Neuwahlen. Vermittlungsgespräche mit Regierungschef Abhisit waren vor einigen Tagen gescheitert. Seit Donnerstag versucht die Armee, die Demonstranten abzuriegeln und von der Versorgung abzuschneiden. In dem besetzten Viertel gingen am Wochenende Lebensmittel, Wasser und Benzin zur Neige. Die Demonstranten erklärten aber, noch genügend Vorräte zur Fortsetzung der Proteste um mehrere Tage zu besitzen.
Angesichts der steigenden Opferzahlen versucht es die Protestbewegung erneut mit Dialog: Ein Anführer bot Premier Abhisit Gespräche an. Zur Vorbedingung machte er jedoch einen Abzug des Militärs. Zudem forderte er die Vereinten Nationen auf, die Rolle eines Vermittlers zu übernehmen. Die Regierung lehnte den Vorschlag umgehend ab. Wenn die Rothemden wirklich an Verhandlungen interessiert seien, sollten sie keine Bedingungen stellen, sagte ein Regierungssprecher.
König bleibt stumm
Der Premier zeigte sich unbeugsam. In seiner wöchentlichen Fernsehansprache forderte Abhisit die Rothemden erneut auf, ihre Blockade aufzugeben. "Dies ist keine Demonstration für die Demokratie", sagte er. Die Kundgebungen würden von "Terroristen" missbraucht. Vorsorglich verschob er den Schulbeginn nach den großen Ferien um eine Woche. Allen Demonstranten, die nach Hause zurückkehren wollten, bot er die Hilfe des Roten Kreuzes an.
Zuvor hatte ein Oppositionsführer König Bhumibol Adulyadej um Vermittlung angerufen. Ein Machtwort des Monarchen sei die "einzige Hoffnung" auf eine friedliche Lösung des Konflikts, sagte Jatuporn Prompan. Der König hat in Thailand keine politische Rolle, gilt aber als einigende Figur. Der seit September kranke 82-Jährige äußerte sich zum gegenwärtigen Konflikt bislang nicht.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schaltete sich ein und rief beide Seiten zu einer Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. Er beobachte die Zusammenstöße mit wachsender Sorge, erklärte Ban. Wie die USA riet auch Deutschland seinen Bürgern dringend von Reisen nach Bangkok ab. Die deutsche Botschaft schloss wegen der Unruhen für den Publikumsverkehr. Für Notfälle richtete die Vertretung einen Konsulardienst in der französischen Botschaft ein.
Deutsche Botschaft schließt
Über den abgeriegelten Botschaftsviertel standen am Nachmittag hohe Rauchsäulen. Die Armee warnte, dass in dem Areal scharf geschossen werde. Immer wieder waren Gewehrsalven zu hören. Tausende Soldaten kauerten in Hauseingängen und hinter Hecken, mit Maschinengewehren im Anschlag. Aus den Reihen der Demonstranten flogen Molotowcocktails und Brandbomben in Richtung Sicherheitskräfte
Thailand ist in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt von Krisen erschüttert worden. Seit 1932 gab es in dem südostasiatischen Land 25 versuchte oder erfolgreiche Umstürze. Die Rothemden haben ihre Wurzeln vor allem in der ärmeren Landbevölkerung. Nach eigenen Angaben wollen sie mehr Demokratie erstreiten und den Einfluss der Elite zurückdrängen, zu der sie Vertraute des Königshauses, einflussreiche Geschäftsleute, Generäle und Angehörige des Justizapparats zählen.
Ihre Gegner tragen als Zeichen ihrer Verbundenheit mit dem Königshaus gelbe Hemden. Sie blockierten Ende 2008 wochenlang die internationalen Flughäfen von Bangkok und trugen damit zum Sturz einer Regierung von Thaksin-Anhängern bei.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts