CDU-Senioren machen mobil "Nur Eltern in den Bundestag"
07.04.2008, 18:26 UhrEinen Tag vor der umstrittenen Renten-Entscheidung im Bundeskabinett gießen die CDU-Senioren Öl ins Feuer. Der Chef der nordrhein-westfälischen Senioren-Union, Leonhard Kuckart, forderte, nur noch Eltern mit Berufserfahrung in den Bundestag zu lassen.
Mindestvoraussetzung für ein Mandat müsse sein, dass der Anwärter einige Jahre Berufserfahrung gesammelt und Kinder im schulpflichtigen Alter habe, sagte Kuckart, zugleich stellvertretender Bundesvorsitzender der Senioren-Union, dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Der 76-Jährige forderte erneut, dass der CDU-Bundestagsabgeordnete Jens Spahn 2009 nicht wieder in den Bundestag einziehen dürfe, wenn er seine kritische Haltung zur geplanten Rentenerhöhung nicht ändere. Der Münsterländer Spahn hatte gesagt, die Rentenerhöhung um 1,1 Prozent von Juli an werde die jüngeren Leute mittel- und langfristig viel Geld kosten. Kuckart sagte: "Wenn in Zukunft nicht 50 Prozent der Senioren CDU wählen, dann wird die CDU nicht mehr regierungsfähig sein."
Merkel fordert mehr Toleranz von Senioren
Bei einer Sitzung des CDU-Vorstands verlangte Parteichefin Angela Merkel nach Angaben von Teilnehmern mehr innerparteiliche Toleranz. Die Älteren in der Partei müssten Äußerungen wie die von Spahn aushalten. "Da muss man nicht gleich so draufhauen", wurde die Vorsitzende zitiert. Das steigere nur die Verbitterung.
Das Bundeskabinett will an diesem Dienstag beschließen, die Renten zur Jahresmitte um 1,1 Prozent anzuheben. Das sind 0,64 Prozentpunkte mehr als den Ruheständlern nach der Rentenformel zustünde. Durch Aussetzen des dämpfenden Riester-Faktors in der Rentenformel soll zudem 2009 ein Aufschlag von mindestens 2 Prozent sichergestellt werden.
"Kein ordnungspolitisches Meisterstück"
Einhellig verteidigten Merkel und Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) die außerplanmäßige Höhe der Rentenanpassung zum 1. Juli. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla nannte den Schritt richtig und notwendig. Er bestritt, dass die Aussetzung des Riester-Faktors einen Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2009 habe.
In der CDU ging es vor allem um eine Entspannung des innerparteilichen Renten-Streits: Der Parteivorstand billigte die geplante Erhöhung einmütig. Merkel räumte nach Teilnehmerangaben aber ein, der Schritt sei kein ordnungspolitisches Meisterstück. Sie habe die Erhöhung aber im Sinne des Zusammenhalts der Generationen als notwendig bezeichnet.
Scholz sagte, aus seiner Sicht sei die Aussetzung des Riester-Faktors zur Dämpfung des Rentenanstiegs in diesem und im nächsten Jahr "ein verantwortbarer Schritt". Der Plan beteilige die Rentner besser als bisher am wirtschaftlichen Aufschwung und verbinde "zwei Punkte generationenübergreifend miteinander".
Dämpfung wird nachgeholt
Das Ziel, den Beitragssatz bis 2020 unter 20 Prozent zu halten, bleibe ungefährdet. Auch bleibe die langfristige Stabilität der Rentenversicherung gewahrt, da die beiden ausgesetzten Dämpfungs-Stufen 2012 und 2013 nachgeholt würden. "Das ist gerecht gegenüber den Jüngeren, die mit ihren Beiträge heute und in naher Zukunft die Renten finanzieren", sagte Scholz an die Adresse der Kritiker.
Genau dies bezweifelt der Vorsitzende des Wirtschafts-Sachverständigenrates, Bert Rürup. Bei einer "Handelsblatt"-Fachtagung sagte er, finanzpolitisch sei der zwölf Milliarden Euro teure Schritt nur dann zu rechtfertigen, wenn die ausgesetzte Rentendämpfung wie angekündigt wieder rückgängig gemacht werde. "Dies setzt außerordentlich hohes Vertrauen in die rentenpolitische Standhaftigkeit der nächsten Bundesregierung voraus", zeigte sich Rürup mit Blick auf die im Jahr 2013 erneut anstehende Bundestagswahl skeptisch.
Quelle: ntv.de