Volksbegehren in Bayern "Nur die Rückkehr zum G9 bringt Ruhe"
03.07.2014, 15:08 Uhr
Fußball für das Volksbegehren: Michael Piazolo am Mittwoch bei einer Presseaktion der Freien Wähler in München.
(Foto: dpa)
An diesem Donnerstag startet in Bayern ein Volksbegehren der Freien Wähler, mit dem Ziel, das neunjährige Gymnasium wiedereinzuführen. Ganz abschaffen wollen die Freien Wähler das G8 aber nicht. Wir sprachen mit dem Landtagsabgeordneten Michael Piazolo, dem Initiator des Volksbegehrens.
n-tv.de: Die ersten Abschlüsse nach zwölf Schuljahren gab es in Bayern vor drei Jahren. Ist es nicht noch zu früh, um eine Bilanz zu ziehen?

Michael Piazolo ist Landtagsabgeordneter und Generalsekretär der Freien Wähler in Bayern.
(Foto: dpa)
Michael Piazolo: Ich glaube nicht. Wir sehen ja den gesamten Lauf von der fünften bis zur zwölften Klasse und haben daher mehr als zehn Jahre Erfahrung mit dem G8 in Bayern. Seit der Einführung hören wir Klagen über das achtjährige Gymnasium. Nur die Rückkehr zum G9 wird Ruhe in die bayerische Gymnasiallandschaft bringen.
Ihr Ziel ist allerdings nicht die Rückkehr zum G9, sondern eine Wahlfreiheit zwischen G8 und G9. Wer soll wählen? Die Schulen oder die Eltern?
Entscheiden soll das Schulforum, ...
... ein Gremium, das im Rest der Republik der Schulkonferenz entspricht.
Darin sind Lehrer, Eltern, Schüler und der jeweilige kommunale Aufwandsträger vertreten. Die sollen entscheiden, ob eine Schule beides zusammen anbietet oder nur G9 oder nur G8. Wir gehen davon aus, dass die meisten Schulen sich für beides entscheiden werden.
Ist das nicht ein zu hoher Aufwand für Gymnasien in kleineren Städten?
Wir wollen nicht, dass G8 und G9 völlig parallel nebeneinander laufen. In Unterstufe und Oberstufe sollen beide Züge weitgehend gleich beschult werden. Unterschiede würde es in der Mittelstufe geben. Das lässt sich auch an kleineren Gymnasien organisieren.
Wäre es nicht konsequenter, vollständig zum G9 zurückzukehren, wie dies beispielsweise die bayerische SPD oder der Philologenverband fordern?
Das ist sicherlich eine Möglichkeit, aber sowohl der Philologenverband als auch die SPD möchten Möglichkeiten des Überspringens einräumen. Wir glauben, dass das achtjährige Gymnasium durchaus für einen Teil der Schüler ein gutes Gymnasium ist - das mögen 20 Prozent sein, nicht viel mehr. Für sie soll es diese Möglichkeit durchgängig geben.
Sind Schulabschlüsse noch vergleichbar, wenn ein Schüler sein Abitur in zwölf Jahren, der andere in dreizehn Jahren gemacht hat?
Wir wollen das gleiche Abitur anbieten, auch die gleiche Stundenzahl: 265 Stunden in acht oder neun Jahren. Im G9 ist nur der Druck etwas rausgenommen, man hat dann nicht mehr deutlich über 30 Stunden. Heute in der zehnten Klasse hat ein Schüler 36 Stunden und 16 Fächer. Für die meisten ist das eine Überbelastung.
Angenommen, Ihr Volksbegehren hat Erfolg: Der nächste Schritt wäre, dass der Landtag über ihren Gesetzentwurf befinden muss. Aber nicht nur die CSU, auch SPD und Grüne lehnen Ihr Konzept ab. Wäre es nicht sinnvoll gewesen, einen parteiübergreifenden Konsens zu suchen?
Wir haben das versucht: Wir haben Gespräche mit den Grünen und der SPD geführt, wir haben unseren Gesetzentwurf im Landtag eingebracht. Da hätte es genügend Möglichkeiten gegeben, zu Gemeinsamkeiten zu kommen. Die CSU hat die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium immer strikt abgelehnt. Wir waren zu Kompromissen bereit, aber es scheint so zu sein, dass die CSU jetzt erst einmal den Ausgang des Volksbegehrens abwartet.
Wenn der Landtag Ihren Gesetzentwurf ablehnt, kommt es zur nächsten Stufe, zum Volksentscheid. Dann kann die Staatsregierung Ihrem Gesetzentwurf eine Alternative entgegensetzen. Dabei wird es um ziemlich komplizierte Detailfragen gehen, nicht um die Wahl zwischen G8 und G9. Ist das Thema für einen Volksentscheid nicht zu komplex?
Nein. Im Volksbegehren und später im Volksentscheid geht es nicht um die unterschiedlichen Modelle, sondern um einen sehr einfachen Gesetzentwurf. Darin steht im Wesentlichen, dass es neben den achtjährigen Gymnasien auch eine neunjährige Gymnasialzeit geben soll. Wie die dann ausgestaltet ist, ist nicht im Volksbegehren geregelt und würde auch im Volksentscheid nicht festgelegt werden. Das wäre dann entweder die Aufgabe des Kultusministeriums oder, was ich besser fände, die Aufgabe der gesamten Schulfamilie. Es wäre der Auftakt für eine bildungspolitische Debatte. Diese Debatte wird es allerdings nur geben, wenn das Volksbegehren erfolgreich ist. Sonst nicht.
Mit Michael Piazolo sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de