Großbritannien fällt aus Obama erwägt Alleingang gegen Syrien
30.08.2013, 04:41 Uhr
Barack Obama kommt sein wichtigster Verbündeter abhanden.
(Foto: dpa)
Die erste Rakete ist noch nicht abgeschossen, die Anti-Assad-Allianz hat dennoch ihren ersten großen Verlust zu beklagen. Der britische Premierminister Cameron erhält vom Unterhaus keine grundsätzliche Zustimmung für einen Militäreinsatz. Er will sich dem Willen der Parlamentarier beugen. US-Präsident Obama ist scheinbar dennoch zum Angriff bereit.
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Nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament rückt die b ritische Regierung von einem Militärschlag gegen Syrien ab. "Das britische Parlament und die britische Bevölkerung wünschen keine militärische Aktion. Ich verstehe das und werde entsprechend vorgehen", sagte Premierminister David Cameron nach dem Votum in der Nacht. Das Unterhaus in London hatte zuvor mit 285 zu 272 Stimmen eine Intervention abgelehnt. US-Präsident Barack Obama will sich trotz Camerons Niederlage nicht von seinem Kurs abbringen lassen.
Cameron hatte sich nach dem Giftgaseinsatz mit Hunderten Toten in Syrien als einer der ersten internationalen Politiker für ein entschiedenes Vorgehen stark gemacht. Auf Druck der Labour-Opposition und auch aus den Reihen seiner konservativ-liberalen Koalition musste er aber die Abstimmungsvorlage deutlich abmildern. Diese erwähnte die Beteiligung an einem möglichen Militärschlag nur noch "grundsätzlich", angestrebt wurde darin vor allem ein internationaler Konsens. Aber auch diese abgeschwächte Version trugen die Parlamentarier nicht mit. Die Opposition verlangt "zwingende Beweise" für die Anwendung von Chemiewaffen durch das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.
Der britische Verteidigungsminister Philip Hammond sagte nach der Abstimmungsniederlage, es werde nun keine britischen militärischen Schritte gegen Syrien geben. Aus einer Umfrage war zuvor hervorgegangen, dass fast zwei Drittel der Bevölkerung gegen ein Eingreifen der britischen Streitkräfte sind.
US-Interessen bestimmen Obamas Handeln
Obama behielt sich trotz der Abkehr seines engsten Verbündeten einen militärischen Alleingang vor: "Wie wir bereits sagten, wird Präsident Obamas Entscheidu ng von den besten Interessen der Vereinigten Staaten abhängen", sagte die sicherheitspolitische Sprecherin des Weißen Hauses, Caitlin Hayden. "Er ist überzeugt, dass es für die USA um Kerninteressen geht und dass Länder, die internationale Normen verletzen, zur Verantwortung gezogen werden müssen." Es werde weiter Beratungen mit Großbritannien geben, fügte Hayden hinzu.
Die "New York Times" berichtete, dass Obamas Regierung die ihr vorliegenden Beweise gegen das Assad-Regime bezüglich der Chemiewaffeneinsätze für ausreichend erachte. Zwar hätten die US-Geheimdienste Assad nicht direkt in Verbindung mit dem Giftgasangriff bringen können. Doch es gebe keine Zweifel, dass seine Streitkräfte die Chemiewaffen eingesetzt hätten, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Die Beweise würden einen begrenzten Militärschlag rechtfertigen, um die syrische Führung von einem erneuten Giftgaseinsatz abzuhalten.
Die US-Regierung will Geheimdiensterkenntnisse zum mutmaßlichen Giftgaseinsatz in Syrien offenbar heute veröffentlichen. Dies berichtete CBS New unter Berufung auf einen hochrangigen Regierungsvertreter.
Keine Erklärung der UN-Vetomächte
Die Weltgemeinschaft hatte zuvor auf allen diplomatischen Kanälen nach einer Alternative zum drohenden Militärschlag gesucht. Telefondrähte liefen heiß, um doch noch eine gemeinsame Linie im UN-Sicherheitsrat zu finden. Ein eilig einberufenes Treffen der fünf ständigen Ratsmitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich endete aber ohne Erklärung.
Obama hatte am Mittwoch versichert, die Entscheidung über einen Einsatz sei noch nicht gefallen. Der US-Botschafter in Israel, Daniel Shapiro, präzisierte aber, Washington sei sich mit den Nato-Partnern und der Arabischen Liga einig, dass man gegen Syrien vorgehen müsse. Es werde eine "starke und ernsthafte Reaktion" der USA geben. "Das syrische Regime hat Chemiewaffen in großem Umfang gegen Zivilisten eingesetzt, gegen Frauen und Kinder, und darauf muss es eine Reaktion geben", sagte Shapiro. Nach Informationen der "New York Times" haben die USA bisher aber keine Beweise, die Assad direkt mit der Attacke aus der vergangenen Woche in Verbindung bringen.
Das syrische Regime weist die Giftgas-Vorwürfe vehement zurück. Assad kündigte im Staatsfernsehen an: "Syrien wird sich gegen jeden Angriff verteidigen."
Vorbereitungen zum Militärschlag laufen
Experten der Vereinten Nationen suchen auch noch am Freitag vor Ort nach Beweisen für einen Giftgasangriff. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, das UN-Team werde Syrien bis Samstagmorgen verlassen und ihm gleich danach berichten.
Ungeachtet aller Diplomatie gehen die militärischen Vorbereitungen für einen Angriff auf Stellungen in Syrien voran. Am Donnerstag traf ein fünfter Lenkwaffenzerstörer der US-Marine mit Marschflugkörpern im östlichen Mittelmeer ein. Großbritannien verlegte sechs Kampfflugzeuge des Typs Eurofighter "Typhoon" auf die Luftwaffenbasis Akrotiri auf Zypern.
Russland setzte den Raketenkreuzer "Moskwa" sowie ein U-Boot-Abwehrschiff zum Schutz seiner Marinebasis in der syrischen Hafenstadt Tartus in Marsch; der Lenkwaffenkreuzer "Warjag" soll folgen.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP