Politik

Aufgalopp zum Wahlkampf Obama irritiert, McCain punktet

Barack Obama, dem seine Feinde unterstellen, er sei als Kind islamisch erzogen worden, wollte jeden Zweifel an seinem Glauben beseitigen. "Ich glaube, dass Jesus Christus für meine Sünden starb und ich durch ihn erlöst bin." Aber so viel Mühe sich der demokratische Präsidentschaftsbewerber in der Saddleback Church in Kalifornien auch gibt, viele Evangelikalen wird er irritiert haben. Die Frage nach der Definition, wann menschliches Lebens beginne, gehe über sein Urteilsvermögen hinaus, sagt der Senator zum Thema Abtreibung. Und er gesteht, dass Drogen und Alkohol eine wichtige Rolle in seiner Jugend gespielt hatten.

80 Tage vor der US-Präsidentschaftswahl und gut eine Woche vor Beginn des Nominierungsparteitags der Demokraten wurde die Veranstaltung im Südosten von Los Angeles zum Aufgalopp in der heißen Phase dieses ebenso langen wie spannenden Wahlkampfs. Die von zahlreichen US-Fernsehsendern live übertragene Veranstaltung bescherte den Amerikanern den ersten gemeinsamen Auftritt von Obama und seinem republikanischen Rivalen John McCain.

Nachdenklicher Obama gegen entschiedenen McCain

Auch wenn die beiden sich in getrennten Gesprächsrunden den gleichen Fragen des populären Baptistenpastors Rick Warren stellen mussten, war erstmals in diesem Wahlkampf ein direkter Vergleich möglich. Nur noch dreimal bis zum 4. November stoßen Obama und McCain - dann wirklich direkt konfrontiert - in TV-Debatten aufeinander. Denn Obama hat seine früher geäußerte Bereitschaft zu gemeinsamen Auftritten mit McCain in Bürgerversammlungen zurückgezogen.

In der kalifornischen Megakirche wurde auch deutlich, warum der charismatische, wortgewaltige Obama das große Publikum und den spektakulären Auftritt sucht, während McCain im überschaubaren, eher persönlichen Rahmen punkten kann. Obama neigt in einer solchen Runde zu nachdenklichen Reflexionen, dagegen wirkt der Republikaner entschieden und konkreter, sprudelt nur so über von persönlichen Erlebnissen als Kriegsgefangener in Vietnam oder seinen Reisen in den Irak, nach Afghanistan und Georgien.

Gleiche Fragen, bedeutsame Antworten

Bedeutsam die Antworten der Kontrahenten auf die gleichen Fragen: Gibt es das Böse und wie soll man ihm begegnen? Obama nennt den Völkermord in Darfur, die Kriminalität in den US-Städten und verweist auf die Gefahr, im Namen des vermeintlich Guten Böses zu tun - für viele ein kaum verborgener Hinweis auf Menschenrechtsverletzungen im Namen Amerikas in Abu Ghoreib oder Guantnamo. McCain identifiziert mit dem Bösen sofort Al-Kaida und islamistische Extremisten, kündigt einen entschiedenen Kampf gegen die Feinde Amerikas und der Freiheit an.

Obama wird gefragt, wer seine drei wichtigsten Vertrauten und Berater seien? Der 47-Jährige verweist auf seine Frau und seine Großmutter, dann auf einige US-Politiker. McCain nennt wie aus der Pistole geschossen als ersten den Oberbefehlshaber der US-Truppen im Irak, General David Petraeus. "Sehr forsch, vielleicht zu offensiv" betone McCain die Aufgabe der USA, Freiheit und Menschenrechte überall in der Welt zu verteidigen, meinte CNN-Chefkommentator Bill Schneider. Manche Amerikaner fürchteten sicher, dass der politische Falke McCain vielleicht doch zu schnell zu militärischen Mitteln im Kampf "gegen das Böse" greifen würde.

McCains flotte Zunge

Beim Thema Reichtum und Steuern bekennt sich Obama zu einer Stärkung des Sozialstaates und zu mehr Abgaben. McCain dagegen will von mehr Steuern nichts wissen, auch nicht für Reiche. Gedrängt, Reichtum zu definieren, sträubt sich der Senator lange, um dann lachend etwas von fünf Millionen Dollar (3,4 Millionen Euro) zu sagen. Seine Wahlkampfmanager schlugen wohl die Hände über dem Kopf zusammen - wieder einmal hat McCains flotte Zunge ihn davongetragen und dem Wahlkampfgegner Munition geliefert. Es sei ihm klar, dass "mir das jetzt dauernd unter die Nase gerieben wird", meinte der 72- Jährige denn auch lachend, schließlich habe er das natürlich nicht ernst gemeint.

Zumindest von den Evangelikalen, die rund ein Viertel der US-Wähler repräsentieren, hat er da weniger zu befürchten. Für sie war wichtiger, dass er sich entschieden gegen Abtreibung und Homosexuellen-Ehe aussprach.

Quelle: ntv.de, Laszlo Trankovits, dpa

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