Politik

Möglicher Durchbruch im Syrien-Konflikt Obama könnte von Militärschlag abrücken

Die USA scheinen von einem Militärschlag gegen Syrien abzurücken, nachdem das Land positiv auf die Forderung Moskaus reagiert, seine Chemiewaffen unter UN-Kontrolle zu stellen. US-Präsident Obama spricht von einer "möglicherweise positiven Entwicklung". Der US-Senat legt eine für Mittwoch geplante Abstimmung über einen Militäreinsatz auf Eis.

US-Präsident Barack Obama hat eine mögliche Abkehr von einem Militärschlag gegen Syrien in Aussicht gestellt. Er würde einen Angriff "absolut" auf Eis legen, wenn das Regime von Machthaber Baschar al-Assad seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle stelle, meinte Obama in mehreren TV-Interviews. Er begrüßte einen entsprechenden russischen Vorschlag als "positive Entwicklung" und nannte ihn einen möglichen Durchbruch. Der Präsident zeigte sich aber auch skeptisch: "Wir wollen keine Hinhaltetaktik", sagte er. Assad müsse zeigen, dass er ernst meine.

Es sei ohnehin seine Präferenz, die Syrien-Frage ohne einen Militäreinsatz zu lösen, betonte Obama. Weiter sagte er, derzeit nicht zuversichtlich zu sein, im Kongress die Mehrheit für einen Angriff gegen das arabische Land zu erhalten. Der Senat verschob nach den Äußerungen eine für Mittwoch angesetzte Probeabstimmung über die entsprechende Resolution. Er wolle dem Präsidenten mehr Zeit geben, das Volk über die Vorgänge zu informieren, sagte der demokratische Mehrheitsführer Harry Reid. Obama ließ offen, ob er auch ohne Autorisierung durch die Parlamentarier zuschlagen würde.

Obama erklärte, schon die Androhung eines Angriffs habe dazu geführt, dass sich Russland und Syrien nun bewegten. Außenminister John Kerry und das restliche nationale Sicherheitsteam des Weißen Hauses würden mit den Ländern und der internationalen Gemeinschaft über den Vorschlag sprechen und ihn ausführlich prüfen. "Wir werden das ernst nehmen", sagte er. Die Idee selbst sei aber nicht neu. Er habe seit mehr als einem Jahr häufiger mit Kremlchef Wladimir Putin darüber gesprochen, zuletzt in der vergangenen Woche beim G20-Gipfel im russischen St. Petersburg.

Kommunikationsoffensive des Weißen Hauses

Seit Wochen demonstrieren Kriegsgegner vor dem Weißen Haus.

Seit Wochen demonstrieren Kriegsgegner vor dem Weißen Haus.

(Foto: AP)

Die insgesamt sechs Interviews im Abendprogramm des US-Fernsehens waren Teil einer massiven Kommunikationsoffensive des Weißen Hauses, um den Kongress und das kriegsmüde Volk von der Notwendigkeit eines Angriffs zu überzeugen. Zuvor hatten sich Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice und sogar Ex-Außenministerin Hillary Clinton öffentlich für die Genehmigung durch den Kongress ausgesprochen. Der Präsident selbst plant eine Ansprache an die Nation.

Obama hatte beim G20-Gipfel betont, dass im Syrien-Konflikt die Chemiewaffen die größte Sorge seines Landes seien. Die USA sehen es als erwiesen an, dass das syrische Regime Mitte August mehr als 1400 Menschen bei Damaskus mit Giftgas getötet habe. Die US-Regierung plant bislang, Assad dafür militärisch zu bestrafen.

Russland hatte zuvor - als Zugeständnis an die USA - seinen engen Verbündeten Syrien zur Vernichtung der Chemiewaffen aufgefordert. Damaskus müsse zudem der Chemiewaffenkonvention beitreten, hatte Außenminister Sergej Lawrow gefordert. Wenn dies helfe, einen US-Militärschlag zu verhindern, werde sich Russland bei dem syrischen Machthaber Assad dafür einsetzen, meinte er. Das syrische Außenministerium begrüßte die Initiative.

Zuvor hatte Kerry in London gesagt, Assad könnte einen Einsatz noch verhindern, wenn er binnen einer Woche seine chemischen Waffen der internationalen Gemeinschaft aushändigen würde. "Aber er ist nicht im Begriff, das zu tun, und es ist offensichtlich auch nicht möglich", hatte Kerry bei einer Pressekonferenz mit seinem britischen Amtskollegen William Hague hinzugefügt.

Internationale Unterstützung des Vorschlags

Der französische Außenminister Laurent Fabius forderte eine genaue Prüfung des Vorschlags des russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Damit er angenommen werden könne, müssten mindestens drei Voraussetzungen erfüllt seien. Als wichtigste Punkte nannte Fabius die Zerstörung des kompletten syrischen Chemiewaffen-Arsenals unter internationaler Kontrolle, eine verbindliche UN-Resolution dazu sowie eine Bestrafung der Verantwortlichen für das "chemische Massaker" am 21. August. Die UN-Resolution muss demnach einen straffen Zeitplan und harte Konsequenzen für den Fall der Nichtbeachtung vorsehen. Um die Aufklärung des Massakers solle sich der Internationale Strafgerichtshof kümmern, hieß es.

Kanzlerin Angela Merkel sieht darin einen wichtigen Vorstoß zur Lösung des Konflikts. In der ARD-Sendung "Wahlarena" bezeichnete sie die Äußerungen Lawrows als "interessante Vorschläge". Es bleibe abzuwarten, ob diesen Worten Taten folgten. Deutschland werde weiterhin alles für eine politische Lösung tun.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon will Syrien zur Herausgabe und Vernichtung seiner Chemiewaffen auffordern. Sollte der Bericht des UN-Expertenteams ergeben, dass solche Waffen in dem Bürgerkriegsland eingesetzt worden seien, dann werde er den Sicherheitsrat um diese Forderungen bitten, sagte Ban. "Ich überlege, den Sicherheitsrat zu bitten, dass er Damaskus zur sofortigen Übergabe der chemischen Waffen an Orte in Syrien auffordert, wo sie sicher gelagert und zerstört werden können." Ähnliche Forderungen von Kerry und Lawrow begrüße er, so Ban.

Quelle: ntv.de, dpa

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