Politik

Reise nach Moskau Obama mit schwerem Gepäck

Raketenschild, Nordkoreas neue Waffentests, Attacken der Taliban in Afghanistan und der Dauerärger um den Iran: Barack Obama reist mit großen Sorgen zum Antrittsbesuch nach Moskau.

Das Wiedersehen des US-Präsidenten mit Kremlchef Dmitri Medwedew am Montag und die erste Begegnung mit Regierungschef Wladimir Putin am Dienstag soll eigentlich dem Neustart der verkorksten Beziehungen dienen. Doch die zaghaften Bemühungen beider Länder um Wiederannäherung stehen angesichts der außenpolitischen Nöte der USA gleich vor einer Belastungsprobe. Beim zweitägigen Besuch bleibt Obama wenig Zeit für Nettigkeit.

Obama steht vor seiner vielleicht bisher schwersten Reise.

Obama steht vor seiner vielleicht bisher schwersten Reise.

(Foto: AP)

Russlands demonstrativ enge Beziehungen zum iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und die Nachsicht gegenüber dem raketenwütigen Nachbarn Nordkorea machen das Riesenreich für die USA zu einem unbequemen, aber dennoch unverzichtbaren Verhandlungspartner. Um dessen Unterstützung will Obama in Moskau werben. Eher symbolischen Charakter dürfte der demonstrative Gleichschritt der einstigen verfeindeten Supermächte auf dem Weg zu einem neuen Abkommen zur Abrüstung von Atomwaffen haben - wenn es denn gelingt. Denn das Weiße Haus verweist auf die Komplexität der Probleme beispielsweise bei der Überprüfbarkeit von Abrüstungsvereinbarungen.

Skepsis in den USA

In Washington dominiert derzeit ohnehin parteiübergreifend Skepsis gegenüber Moskau. Russland sei wohl "mehr daran interessiert, seine Nachbarn unter Kontrolle zu bringen, als die ausgestreckte Hand Washingtons zu ergreifen", kommentierte das Magazin "Newsweek".

Immerhin gibt der Kreml rechtzeitig zum Obama-Besuch grünes Licht für US-Truppentransporte nach Afghanistan auch durch den russischen Luftraum. Obama braucht zusätzliche Kapazitäten für die geplante deutliche Aufstockung der US-Truppen, zumal die Transportrouten durch das instabile Pakistan immer gefährlicher werden. Im März ließ Russland über seine Schienen einen ersten US-Containerzug mit zivilen Versorgungsgütern für die US-Truppen in Afghanistan rollen.

Er wird Regierungschef Putin treffen ...

Er wird Regierungschef Putin treffen ...

(Foto: AP)

Ein verbales Vorgeplänkel zwischen Obama und Putin im Vorfeld machte deutlich, dass sich der bisherige Zank nicht einfach wegdrücken lässt. Vor der Abreise hatte Obama über den früheren Kremlchef gesagt, jener stehe noch mit einem Bein in der Vergangenheit. Moskau konterte, Obama habe da noch Wissenslücken. Der Tonfall erinnerte an den Beziehungs-Tiefpunkt 2008, ausgelöst vor allem durch den Streit um das russische Vorgehen im Georgienkrieg.

Der Präsident reist gerne

Bei allem demonstrierten Willen zur Wiederannäherung fragen sich Experten in Washington und Moskau, ob dies beiden Seiten überhaupt gelingen kann. Obama verfolgt zwar weniger entschieden die Pläne für eine US-Raketenabwehr in Mitteleuropa oder die Aufnahme der früheren Sowjetrepubliken Georgien und Ukraine in die NATO. Aber zum Ärger Moskaus hat er davon bislang nicht Abstand genommen. Der russischen Forderung nach einem US-Verzicht auf die Raketenabwehr als Vorbedingung für einen neuen Abrüstungsvertrag erteilte Washington postwendend eine Absage.

Manche Diplomaten im US-Außenministerium wundern sich über Barack Obama. Sie dachten, er werde zu Beginn seiner Präsidentschaft wegen der Wirtschaftskrise und anderer innerer Herausforderungen kaum reisen. Aber Obama steht nun schon vor seinem dritten Europa-Trip in vier Monaten. In der "alten Welt" ist er, beispielsweise in Deutschland, beliebter als bei sich zu Hause - was Obamas Reiselust auch erklären könnte. In Russland allerdings kann er nicht darauf hoffen, dass sein Charisma und Charme die Massen begeistern werden.

Konservative fürchten Zurückhaltung

... und Präsident Medwedew.

... und Präsident Medwedew.

(Foto: REUTERS)

Einer jüngsten Umfrage der "WorldPublicOpinion.org" zufolge vertrauen nur 23 Prozent der Russen Obama - der schlechteste Wert in den 20 untersuchten Ländern. 75 Prozent der Russen glauben auch, dass die USA Russland ihren Willen aufzwingen wollen. Die Amerikaner wiederum beschuldigen den Kreml, mit Propaganda für das schlechte Ansehen der USA verantwortlich zu sein.

Wie meist bei seinen Reisen will Obama auch in Moskau eine "große Rede" halten. Vor Wirtschaftsstudenten sollen grundsätzliche Ausführungen das russisch-amerikanische Verhältnis neu justieren. US-Konservative fürchten, Obama könnte dabei im Bemühen, den Kreml zu besänftigen, auf jede Kritik an den "inneren Angelegenheiten" wie russische Demokratie-Mängel verzichten. In jedem Fall will Obama in Moskau auch Oppositionspolitiker und Menschenrechtler treffen.

 

Quelle: ntv.de, Von Laszlo Trankovits und Stefan Voß, dpa

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