Politik

Krieg in Afghanistan Obama sucht neue Strategie

US-Präsident Barack Obama will mit einer umfassenden Strategie in Afghanistan das Steuer herumreißen. Die USA müssten von der Vorstellung Abschied nehmen, den Krieg mit militärischen Mitteln gewinnen zu können. "Und deshalb suchen wir nach einer umfassenden Strategie, zu der auch ein Ausstiegsszenario gehört", sagte Obama dem Fernsehsender CBS.

"Es muss eine Ausstiegsstrategie geben", sagte Obama. "Es muss das Gefühl geben, dass dies kein Dauerzustand ist." Er räumte ein, dass in Afghanistan "eine harte Nuss zu knacken" sei. Es sei aber falsch zu denken, dass schlicht "ein militärischer Ansatz in Afghanistan unsere Probleme löst", sagte der Präsident. Er signalisierte, dass er eine größere Betonung auf wirtschaftliche Entwicklung und Diplomatie mit Afghanistans Nachbarn Pakistan legen werde. Zudem strebe er eine bessere Koordinierung seiner Politik mit internationalen Partnern an als dies unter seinem Vorgänger George W. Bush der Fall war.

Abschied vom "nation building"

Obama deutete zudem ein Abrücken von der weiter gefassten Bush-Strategie der Förderung einer demokratischen Gesellschaft in Afghanistan an. Demnach will der Präsident in erster Linie erreichen, dass Afghanistan an einen Punkt gelangt, an dem es nicht mehr als Ausgangspunkt für Attacken gegen die USA benutzt wird. Auf die Frage, was die Mission der USA in Afghanistan beinhalten sollte, antwortete Obama: "Sicherzustellen, dass Al Kaida die USA, US-Interessen und unsere Verbündeten nicht angreifen kann. Das ist unsere Priorität Nummer eins."

Zur Eindämmung der im Vorfeld der Wahlen im August wachsenden Gewalt hat Obama allerdings erst einmal die Verstärkung der US-Truppen um 17.000 Soldaten befohlen. Sie sollen die bereits am Hindukusch eingesetzten 38.000 US-Soldaten unterstützen. Daneben bemühen sich die USA um eine engere Zusammenarbeit und Abstimmung mit ihren Verbündeten, die den Aufstand der radikal-islamischen Taliban und der Al Kaida mit etwa 30.000 Mann bekämpfen.

Holbrooke informiert die NATO

Der US-Sonderbeauftragte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, informierte derweil in Brüssel die Alliierten über die strategische Neuausrichtung. Holbrooke traf zunächst mit NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer zusammen und wollte dann die Botschafter der anderen NATO-Staaten unterrichten. Der Diplomat wies einen Bericht des britischen "Guardian" zurück, demzufolge die USA und ihre europäischen Partner als Gegengewicht zu Präsident Hamid Karsai die Einsetzung eines Ministerpräsidenten planen. Ihm seien solche Pläne der US-Regierung nicht bekannt, und auch die NATO hege solche Absichten nicht, sagte Holbrooke.

Am Wochenende hatte der US-Diplomat zusätzliche Anstrengungen angekündigt, um die afghanische Polizei massiv zu verstärken. Zudem bemühten sich die USA darum, den afghanischen Bauern Alternativen zum Rauschgiftanbau schmackhaft zu machen. Die Taliban finanzieren ihren Kampf zum großen Teil mit dem Drogenhandel.

Taliban wollen keinen Dialog

Ein weiterer Baustein der künftigen Afghanistan-Strategie könnte Experten zufolge ein Dialog mit gemäßigten Taliban sein, die Obama und sein Vizepräsident Joe Biden ins Gespräch gebracht haben. Vertreter radikal-islamischer Gruppen erteilten dieser Idee indes bereits eine Absage. "Die Taliban bilden eine Einheit und unter uns gibt es keine gemäßigten Taliban", sagte Sirajuddin Hakkani vom gleichnamigen Islamisten-Netzwerk, das enge Verbindungen zu den Taliban und zur Al Kaida unterhält. Die Organisation lasse sich vom Westen nicht auseinanderdividieren.

Das von Hakkanis Vater Dschalahuddin gegründete Netzwerk hatte in den 80er Jahren mit Unterstützung der Geheimdienste aus den USA und Pakistan die sowjetische Invasionsstreitmacht bekämpft und bildet nun die Speerspitze des Aufstandes im Süden Afghanistans.

Auch Politik-Experten meldeten Zweifel daran an, dass ein Dialog mit moderaten Taliban rasch Früchte tragen wird. "Das wird kein leichter Gang", warnte Professor C. Raja Mohan von der Nanyang-Universität in Singapur. "Jeder Schritt wäre mit Komplikationen verbunden." Insbesondere müssten die USA darum bemüht sein, die divergierenden Interessen Indiens und Pakistans unter einen Hut zu bringen. Auch der UN-Beauftragte für Afghanistan mahnte Gespräche mit der gesamten Taliban-Bewegung an. Gespräche mit einzelnen Gruppierungen sollten nicht geführt werden, sagte Kai Eide der französischen Zeitung "Le Monde".

Quelle: ntv.de

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