Politik

Ex-Minister schimpft über Präsidenten Obama verliert seine letzten Freunde

Barack Obama sieht sich Angriffen seines ehemaligen Verteidgungsministers Robert Gates ausgesetzt.

Barack Obama sieht sich Angriffen seines ehemaligen Verteidgungsministers Robert Gates ausgesetzt.

(Foto: Reuters)

Barack Obama wollte über Parteigrenzen hinweg regieren, sein Land vereinen und es im Ausland beliebt machen. Die Vorwürfe seines ehemaligen Verteidigungsministers zeigen wieder einmal: Das Gegenteil ist passiert.

Zwei Wochen, nachdem Barack Obama zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt worden war, traf er sich mit John McCain. Der Republikaner und der Demokrat hatten sich vor der Wahl noch hart bekämpft. Während Obama betonte, dass er Präsident aller US-Amerikaner sein wollte, wurde er aus dem Umfeld der Konservativen scharf angegriffen. Immer wieder wurden absurde Gerüchte in Umlauf gebracht, Obama sei ein Islamist oder nicht in den USA geboren – womit er gar nicht hätte Präsident werden können. Privat finanzierte Hetzkampagnen zielten darauf ab, ihn verächtlich zu machen.

Nachdem die Republikaner die Wahl hoch verloren hatten, wirkten Obama und McCain dann auf einmal sehr versöhnlich. Der zukünftige Präsident deutete an, er wolle einen Republikaner in seine Regierung aufnehmen, McCain sprach davon, diese neue Regierung zu unterstützen. Die Schärfe im Wahlkampf hatte den Konservativen nicht genutzt. Nun könnte die tief gespaltene Politik in den USA zu einer konstruktiven Auseinandersetzung zurückfinden, so die Hoffnung auf beiden Seiten der Gesellschaft.

Nun, fünf Jahre nach dem Amtsantritt Obamas, meldet sich Robert Gates zu Wort. Gates war ein Politiker, der von Obamas parteiübergreifendem Ansatz profitiert hatte: Der Anhänger der Republikaner war schon unter George W. Bush Verteidigungsminister und durfte es unter Obama bleiben. Erst im Jahr 2011 trat er aus freien Stücken zurück. Dem ruhigen Gates traute Obama offensichtlich zu, auch unter einem neuen Chef loyal zu sein. Das war er auch – bis jetzt. In seinem Buch, das in der kommenden Woche erscheint, greift er den Präsidenten scharf an.

Gates schreibt, Obama habe seinen Kommandeuren nicht vertraut und nicht an seine eigenen Strategien geglaubt. US-Medien zitieren vorab aus dem Buch. Die "Washington Post" schreibt von einem "manchmal bitteren Ton" Gates', der im scharfen Kontrast zu dessen ausgeglichenem Image stehe. Gates beschreibe seine eigene ruhige Art als "Fassade", hinter der er schon oft die Fassung verloren hätte. Seinem ehemaligen Chef Obama attestiert Gates Führungsschwäche.

Rechte Republikaner wurden unter Obama stärker

Das Buch trägt den Titel "Duty: Memoirs of a Secretary at War", auf Deutsch etwa: "Pflicht: Memoiren eines Ministers im Krieg". Nach der Darstellung der "Washington Post" ist es keine Generalabrechnung, sondern zeichnet eher ein differenziertes Bild des Präsidenten. Dennoch sind die Kommentatoren in den USA überrascht von dem illoyalen Verhalten Gates'. Demokraten und Republikaner befinden sich schon wieder im Wahlkampf. Mit seinem Buch fällt Gates Obama in den Rücken.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Präsident an die Grenzen seines überparteilichen Ansatzes stößt. Nachdem er zum ersten Mal gewählt geworden war, sprachen viele davon, dass die Feindseligkeiten zwischen den Parteien nun enden könnten. Es kam jedoch anders: Die kooperativen Republikaner gerieten bald in die Minderheit, die Hardliner setzten sich durch. Gerade die Scharfmacherin des Wahlkampfes 2008, Sarah Palin, konnte viele hinter sich vereinen, die als "Tea Party" den rechten Flügel der Republikaner bildeten.

Mit Freude beschossen sie Obamas wichtigstes innenpolitisches Projekt, die Gesundheitsreform. Im vergangenen Herbst legten die Republikaner aus Protest gegen "Obamacare" sogar die Regierungsbehörden lahm - obwohl die eigentliche Auseinandersetzung über den Haushalt nichts mit Gesundheitspolitik zu tun hatte.

Hoffnungen rund um die Welt

Am Ende des Streits schien dann allerdings doch wieder Obama zu obsiegen: Die "Tea Party" musste sich geschlagen geben, die moderaten Republikaner übernahmen wieder die Verhandlungen mit den Demokraten. Allerdings hielt die Freude nicht lange: Die Gesundheitsreform scheint zu floppen, weil zu wenige US-Amerikaner eine geförderte Versicherung abschließen wollen und die, die es versuchen, mit dem komplizierten System nicht zurechtkommen. Die extrem Konservativen können sich im Nachhinein im Recht sehen. Obama gilt vielen mittlerweile als der Präsident, der zwar großartige Reden hält, mit dem Alltagsgeschäft der Politik aber überfordert ist.

Nicht nur innenpolitisch wollte Obama seinen vermeintlichen Gegnern die Hand reichen. Er wollte die sein Land auch mit Europa versöhnen. Er richtete den Blick nach Asien und rief das "pazifische Jahrhundert der USA" aus. Seine "Rede an die islamische Welt" in Kairo traf auf ein positives Echo. Ein gutes Verhältnis zu den lateinamerikanischen Staaten erhofften sich schon deswegen viele, weil die Latinos in den USA vor allem Obama gewählt hatten. In Afrika hoffte man ohnehin auf Veränderungen durch den ersten afroamerikanischen Präsidenten.

Von den positiven Erwartungen rund um die Welt erfüllten sich nur die wenigsten. Europa sieht sich vernachlässigt, eine neue Basis mit Russland wurde nicht gefunden, China sieht sich durch die Pazifik-Strategie bedroht. In arabischen Staaten gibt es Unmut darüber, dass die Drohnenangriffe der USA nicht nur Terroristen, sondern allzu häufig auch Hochzeitsgesellschaften treffen. Zuletzt schadeten die Enthüllungen der NSA-Abhörmaßnahmen dem Ansehen seines Landes. Obama, der vor fünf Jahren noch jedermanns Freund sein wollte, steht derzeit ziemlich alleine da.

Quelle: ntv.de

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