"Volle Kanne eine gescheuert" Ohrfeige für Kanzler
18.05.2004, 20:41 UhrEin 52-jähriger Arbeitsloser hat Bundeskanzler Gerhard Schröder am Dienstagabend bei einer SPD-Wahlveranstaltung in Mannheim geohrfeigt. Der Kanzler konnte jedoch nach dem Angriff weiter am Europafest der baden-württembergischen SPD teilnehmen. Er habe keine äußerlich sichtbaren Verletzungen erlitten, teilte die Polizei in Mannheim mit. Der Angreifer sei festgenommen worden.
Der Tatverdächtige aus Bad Krozingen (Breisgau-Hochschwarzwald) habe den Kanzler mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, sagte ein Polizeisprecher. Der Mann verweigere die Aussage. Über die Hintergründe des Angriffs herrschte deshalb zunächst noch Unklarheit.
Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte, was genau vorgefallen sei, hätten nur ganz wenige mitbekommen. Der Angreifer sei sofort nach der Tat von Personenschützern des Bundeskriminalamtes überwältigt worden, hieß es bei der Polizei. Ein 21-jähriger Gast auf dem Empfang mit dem Kanzler sagte: "Er hat volle Kanne eine gescheuert bekommen. "
Der Zwischenfall ereignete sich, als Schröder am Abend bei einem Empfang für neue Parteimitglieder Autogramme gab. Der Mann trug einen Anzug. Nach Stegs Angaben hatte der Täter ein Papierschild für Neumitglieder am Arm getragen. Ob gegen den Mann wegen Beleidigung oder Körperverletzung ermittelt wird, blieb zunächst offen. Warum der 52-Jährige sich dem Regierungschef so habe nähern können, müsse noch geklärt werden, hieß es bei der Polizei.
Deutsche Politiker waren in der Vergangenheit schon häufiger Opfer von Angriffen bei Wahlveranstaltungen. Die schlimmsten Vorfälle betrafen 1990 den damaligen saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine (SPD) und den damaligen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Lafontaine wurde von einer geistig verwirrten Frau bei einer SPD-Veranstaltung in Köln in den Hals gestochen; Schäuble erlitt durch Schüsse eines ebenfalls verwirrten Mannes so schwere Verletzungen an der Wirbelsäule, dass er seitdem querschnittsgelähmt ist.
Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wurde 1991 in Halle an der Saale mit Eiern, Tomaten und Farbbeuteln beworfen - unmittelbar danach ging der Kanzler zum Gegenangriff über und versuchte den Werfer zu stellen.
Schröder warb in seiner Rede in Mannheim erneut für die EU-Osterweiterung, die dauerhaften Frieden bringe. Die EU könne Beispiel für andere Regionen, wie etwa den Nahen Osten, werden. Zudem setzte er sich für die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen mit der Türkei ein. Über den Angriff äußerte er sich nicht.
Quelle: ntv.de