Bodewig gegen Benzingipfel Ölkonzerne kritikresistent
02.04.2002, 14:42 UhrVerkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) hat ein Gesprächsangebot der Mineralölwirtschaft über die Benzinpreise abgelehnt und seine Kritik an den Preiserhöhungen vor Ostern erneuert.
Der von Shell vorgeschlagene Benzinpreisgipfel „erscheint uns nicht als besonders sinnvoll“, sagte Bodewigs Sprecher Michael Zirpel am Dienstag in Berlin. Wichtig sei nun vor allem, „dass die Preise vom Gipfel runterkommen“.
Die Steuer sei zuletzt im Januar angehoben worden und könne keine Begründung für steigende Benzinpreise vor Ostern sein, meinte Zirpel. Auch sei Rohöl auf dem Weltmarkt nicht so viel teurer geworden wie das Benzin in Deutschland. „Die Preiserhöhungen vor Ostern sind einfach auffallend“, so Bodewigs Sprecher. Eine besondere Überprüfung möglicher Kartellverstöße sei aber nicht anberaumt. Vielmehr beobachte das Kartellamt den Mineralölmarkt routinemäßig. Zudem unterhalte das Verkehrsministerium regelmäßige Kontakte zur Mineralölwirtschaft. Ein besonderer Benzinpreisgipfel sei also nicht nötig.
Amtskollege Müller emotionslos
Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) hält nichts vom Vorstoß Bodewigs. „Ich stehe nicht auf der populistischen Seite“, sagte Müller am Dienstag in Berlin. Das Kartellamt könne jederzeit autonom aktiv werden und bedürfe dazu keiner Aufforderung. Einen Mineralöl-Gipfel, wie er von den Mineralölkonzernen zur Klärung angeregt wurde, hält Müller für nicht sinnvoll. Er solle in erster Linie nur dazu dienen, die Glaubwürdigkeit der Mineralölindustrie zu stärken.
ACE und ADAC angetan
Der Auto Club Europa (ACE) begrüßte dagegen Bodewigs Äußerungen. Der Verband knüpfte daran die Aufforderung, das Bundeskartellamt dürfe nicht wieder wie bei früheren Fällen als „zahnloser Tiger vor seiner Verantwortung kuschen“.
Auch der ADAC bekräftigte seine Kritik an den Mineralölgesellschaften: „Wir haben momentan die höchsten Kraftstoffpreise dieses Jahres. Die Konzerne haben die österliche Reisewelle genutzt, um noch den einen oder anderen Cent zusätzlich zu verlangen“, sagte der ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Albrecht.
Bundeskartellamt hellhörig
Der Präsident des Bundeskartellamts, Ulf Böge, schließt ein Eingreifen seiner Behörde wegen möglicher Preisabsprachen der Mineralölkonzerne nicht grundsätzlich aus. „Wenn wir hinreichende Unterlagen haben, die einen solchen Verdacht begründen, dann gehen wir selbstverständlich solchen konkreten Dingen nach“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Gegenwärtig mangele es aber noch an verwertbaren Beweisen.
Ölmultis arglos
Zuvor hatten sich die Mineralölkonzerne gegen Kritik aus der Politik an hohen Benzinpreisen verwahrt.
„Wer für drei Viertel des Benzinpreises verantwortlich ist, sollte sich die zu Grunde liegenden Marktdaten schon sehr genau ansehen, ehe er Vorwüfe erhebt“, sagte Karl-Heinz Schult-Bornemann von ExxonMobil mit Blick auf Bodewigs Kritik . Der Politiker hatte am Wochenende in einem Gastkommentar das Preisverhalten der Konzerne als „schamlos“ bezeichnet und mit dem Bundeskartellamt gedroht.
Vor einem erneuten Kartellrechtsverfahren hat die Branche keine Angst. „Das Oberlandesgericht in Düsseldorf hat erst im Februar wieder bestätigt, dass es keine preisgestaltenden Absprachen und kein wettbewerbswidriges Verhalten in der Mineralölwirtschaft gibt“, sagte Schult-Bornemann. Das sei seit 40 Jahren immer wieder das Ergebnis aller Kartellverfahren gewesen. „Wir sind keine Rechtsbrecher“, erklärte Shell-Sprecher Rainer Winzenried. Wenn es Klärungsbedarf gebe, sollte zwischen der Bundesregierung und der Mineralölwirtschaft ein Spitzengespräch geführt werden.
Quelle: ntv.de