Politik

Die SPD nach "Münte" Opposition sieht Defensive

Die SPD gerät nach Ansicht der Opposition nach dem Rücktritt von Vizekanzler Franz Müntefering innerhalb der großen Koalition in die Defensive. "Mit Müntefering bricht das Rückgrat der SPD in der Regierung weg", sagte der Linke-Vorsitzende Lothar Bisky in Berlin. Es scheide nicht nur der Vizekanzler aus, sondern ausgerechnet der SPD-Minister, der vom politischen Gegner die größte Akzeptanz erfahren habe, meinte Bisky. Dennoch rechne er nicht mit Neuwahlen. "Die große Koalition hält bis 2009. Neuwahlen gäbe es nur, wenn sie die Erhaltung der eigenen Macht versprächen." Weder die Union und erst recht nicht die SPD könnten jetzt auf einen Wahlsieg bauen."

Der 67-jährige Müntefering hatte zum 21. November seinen Rücktritt aus familiären Gründen bekanntgegeben. Seine Ehefrau ist krebskrank. Bisky sagte: "Ich kann seine Entscheidung sehr gut nachvollziehen und habe großen Respekt davor." Müntefering sei in der Politik von vielen Seiten zugesetzt worden. "Das hält man nur mit allerbester Gesundheit aus - und wenn das Umfeld stimmt." Bisky: "Und ich bin dafür, dass die Leute ihren Mund über seine Motivation halten."

Der FDP-Finanzexperte und Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms sagte in der n-tv Talk-Sendung "2+4", ob die Lücke, die Müntefering hinterlässt, "überhaupt so schnell geschlossen werden kann und ob überhaupt jemand qualifiziert ist, diese sehr schwierige Aufgabe auszufüllen" - das sei jetzt die Frage. SPD-Chef Kurt Beck sei nach Münteferings Rückzug "der oberste Oppositionsführer innerhalb der Regierungskoalition". Eine andere Botschaft könne er nicht erkennen, so Solms. "Das zeigt, dass hier schon der Wahlkampf 2009 vorbereitet wird." Beck hatte in Interviews erneut seinen Entschluss verteidigt, selbst kein Ministeramt zu übernehmen und das "Dreieck" zwischen Regierungs- und Fraktionsverantwortung sowie Parteivorsitz beizubehalten.

Neuer Vizekanzler soll nach Becks Angaben Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) werden, Nachfolger Münteferings als Arbeitsminister der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Olaf Scholz.

Unionsvertreter verwiesen darauf, dass sich Scholz erst noch profilieren müsse. "Ob das Organisationstalent von Herrn Scholz so groß ist, wird sich zeigen. Er wird sich beweisen müssen im Amt", sagte die Staatsministerin im Kanzleramt, Hildegard Müller (CDU), bei n-tv. "Ich weise darauf hin, dass er ein relativ glückloser Generalsekretär für die SPD gewesen ist." Agrarminister Horst Seehofer (CSU) sagte im BR-Fernsehen, Scholz gehöre "zu den Besseren in der SPD, die für so etwas infrage kommen."

Mit einem "Rückwärtsgang" in der SPD bei Reformen rechnet der Vorsitzende des Bundesverbands Junger Unternehmer, Dirk Martin. "Ich denke, dass weder Olaf Scholz noch Frank-Walter Steinmeier hinreichend an der Parteibasis verankert sind, um eine ähnliche Überzeugungsarbeit zu leisten wie Müntefering." Der Parteienforscher Jürgen Falter erwartet ein Absacken der SPD in Umfragen. "Franz Müntefering ist bei den Wählern hoch angesehen", sagte Falter der "Passauer Neuen Presse".

Quelle: ntv.de

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