Ringen um Hartz-IV-Reform "Opposition überfrachtet Verhandlungen"
07.02.2011, 10:26 Uhr
Ursula von der Leyen lehnt höhere Regelsätze ab.
(Foto: dapd)
Noch immer gibt es bei der Hartz-IV-Reform keinen Durchbruch. Nach fast zehn Stunden vertagen sich Koalition und Opposition. Hauptstreitpunkt ist nach wie vor die Erhöhung des Regelsatzes. SPD und Grüne fordern elf Euro statt fünf. Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hält dagegen und verweist auf ihr Angebot, die Kommunen mit 12 Milliarden Euro für das Bildungspaket zu entlasten. Mit n-tv spricht sie über den Stand der Verhandlungen und erklärt, warum das Bildungspaket für Kinder wichtiger als ein erhöhter Regelsatz sei.
n-tv: Wie wollen Sie denn bis möglichst Freitag noch eine Lösung hinbekommen? Muss die Bundeskanzlerin den Knoten durchschlagen, und wird es dann eventuell eine Sondersitzung des Bundesrates geben müssen?
Ursula von der Leyen: Wir haben jetzt die ganze Nacht verhandelt, mich bedrückt dieser Verzug auch. Aber ich habe allmählich das Gefühl, dass die Opposition anfängt zu überdrehen. Denn immerhin geht es hier um das Hartz-IV-Urteil, das heißt, transparente Regelsätze vorlegen. Das haben wir getan und das Wichtigste: das neue Bildungspaket für die Kinder gut auf die Straße bringen. Da haben wir in den Verhandlungen einen großen Schritt voran gemacht. Wir haben angeboten, die Kommunen bis 2015 um ganze 12 Milliarden Euro zu entlasten, damit sie dieses Bildungspaket gut auf den Weg bringen können. Aber die Opposition überfrachtet einfach die Verhandlungen, denn nun kommt nochmal Equal Pay in der Zeitarbeit – das hat mit Hartz IV nichts zu tun, das ist eine Tarifverhandlungssache. Mir ist wichtig, dass wir die Kirche im Dorf lassen, dass wir uns auf das Hartz-IV-Urteil konzentrieren und dieses großzügige Angebot, die Kommunen so deutlich zu entlasten, auch mal annehmen und Tempo in die Verhandlungen bringen.
Schauen wir uns dieses Angebot an die Kommunen nochmal an: Sozialhilfekosten in Milliardenhöhe für die Grundsicherung im Alter könnte der Bund also schrittweise voll abnehmen. Ist da aber nicht tatsächlich ein Pferdefuß, wenn Finanzminister Schäuble Gegenleistungen etwa bei der Gewerbesteuer fordert?
Nein, diese Gegenleistung steht nicht im Raum, sondern es ist ganz klar gesagt: Wenn die Kommunen das Bildungspaket übernehmen und mit den Vereinen, Verbänden und Schulen vor Ort umsetzen, dann wird im Gegenzug nicht nur das Bildungspaket bezahlt, sondern im ersten Jahr 3,5 Milliarden Entlastung seitens des Bundes garantiert, indem wir die Grundsicherung – eine Sozialaufgabe – übernehmen. Das summiert sich alleine bis 2015 auf 12 Milliarden Euro. Das ist wirklich ein großer Schritt voran und ich glaube, hier sollten wir den Schwerpunkt auch setzen. Es geht um das Hartz-IV-Urteil, es geht um die bedürftigen Kinder, die ein Bildungspaket brauchen, es geht um Regelsätze, die transparent sein sollen. Die haben wir vorgelegt, und man kann jetzt nicht immer eine neue Forderung an die nächste anknüpfen, wie zum Beispiel das Thema Privat-Krankenversicherung und Hartz IV. Wir können nicht immer den Kreis erweitern mit neuen Forderungen, sonst kommen wir nicht zu Potte.
Dennoch: SPD und Grüne wollen zumindest 11 Euro mehr als Regelsatz. Werden Sie sich am Ende doch noch bewegen und etwas drauflegen müssen?
Mir ist ganz wichtig, dass nicht der Eindruck entsteht, dass irgendein Geschacher oder Feilschen um Regelsätze losgeht. Sondern es muss gut begründet sein, warum die Opposition mehr will. Sie muss eine klare Rechnung dafür vorlegen, und das haben wir unseres Erachtens bisher nicht gesehen. In Bei den Hartz-IV-Regelsätzen für die Erwachsenen geht es vor allem darum, dass das Existenzminimum gesichert ist. Das ist durch das vorgelegte Angebot der Regierung gesichert. Aber es geht vor allem auch darum, dass diese Erwachsenen Arbeitsangebote kriegen. Wir sind jetzt im Aufschwung. Arbeit hilft raus aus Hartz IV. Nicht mehr Geld in Hartz IV hilft, sondern Arbeit, damit die Leute auf eigenen Füßen stehen und vom Staat unabhängig sind. Darauf sollten wir uns konzentrieren. Das ist ja auch der entscheidende Schritt gerade bei den Kindern in Hartz IV. Wenn sie Bildung bekommen, dann ist das der erste wichtige Schritt raus aus der vererbten Armut von einer Generation in die nächste.
Quelle: ntv.de