Koalitionszustand Opposition will Erklärung
28.05.2008, 18:50 UhrAngesichts des heftigen Streits über die Bundespräsidentenwahl hat die Opposition Kanzlerin Angela Merkel aufgefordert, vor dem Bundestag Rechenschaft über die Lage der Koalition abzulegen. FDP-Chef Guido Westerwelle verlangte eine Regierungserklärung in der kommenden Woche, Grüne und Linke schlossen sich seinem Vorstoß an. Aus dem Kanzleramt gab es zunächst keine Reaktion.
Merkel versuchte unterdessen die Wogen im Koalitionsstreit zu glätten. Sie forderte Union und SPD zu einer Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit auf und warnte vor einem Dauerwahlkampf. "Ich gehe davon aus, dass alle in der Koalition ihre staatspolitische Verantwortung kennen und sich koalitionstreu verhalten", sagte sie.
Merkel: SPD in Händen der Linkspartei
Merkel bezeichnete die Nominierung Gesine Schwans für das Bundespräsidentenamt als Gegenkandidatin der SPD zu Horst Köhler als bedauerlich. Auf die Frage, ob dadurch die Koalition ernsthaft in Gefahr sei, sagte sie dem Bonner "Generalanzeiger" aber: "Wir haben vom Wähler einen Regierungsauftrag erhalten und haben die Pflicht, diesen auf die bestmögliche Art zu erfüllen."
Merkel warf der SPD erneut vor, ihre Entscheidung nur aus parteiinternen Gründen getroffen zu haben und sich damit in die Hände der Linkspartei zu begeben. Einen Dauerwahlkampf bis Herbst 2009 dürfe es nicht geben: "Das entspricht weder der Gemütslage der Deutschen noch meinem persönlichen Arbeitsverständnis."
"Land ohne Regierung"
Westerwelle sagte, durch die Querelen in der Koalition sei Deutschland in einen Dauerwahlkampf geraten und ein "Land ohne Regierung". Dies sei für eine wichtige Wirtschaftsnation nicht hinnehmbar.
Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine sagte, die Koalition verliere sich im Streit um Nichtigkeiten. Sein Grünen-Kollege Fritz Kuhn erklärte, in allen wichtigen Fragen wie Klima- und Energiepolitik, Armutsbekämpfung oder Föderalismusreform seien Union und SPD gelähmt. "Das aktuelle Regierungsprogramm heißt Streiten, Vertagen, Aussitzen."
Die CSU machte deutlich, dass sie die Bayern-Wahl auch zu einer Abstimmung über die Kandidaten für das Bundespräsidentenamt machen will. Wenn "jemand die CSU wählt, damit Horst Köhler Bundespräsident bleibt, liegt er goldrichtig", sagte CSU-Chef Erwin Huber dem "Rheinischen Merkur". In Bayern wird am 28. September ein neuer Landtag gewählt. Dadurch können Union und FDP ihre hauchdünne Mehrheit in der Bundesversammlung verlieren.
Schwan auf Zukunftsprozess
Schwan wird am Samstag auf dem Zukunftskongress der SPD in Nürnberg sprechen. Die Rede vor den rund 3.000 Konferenzteilnehmern wird ihr erster öffentlicher Auftritt seit Nominierung durch den SPD-Vorstand sein.
Die Hauptrede auf dem SPD-Kongress wird Parteichef Kurt Beck halten. In einer Videobotschaft verteidigte er die Nominierung Schwans. Die Kandidatur richte sich nicht gegen den amtierenden Bundespräsidenten, versicherte er. Ein Ja zu Schwan bedeute ein "Ja zur Vielfältigkeit der demokratischen Kultur".
Quelle: ntv.de