Politik

West-Medikamententests in der DDR Ostbeauftragter ist erschüttert

Ein Bericht über gefährliche Arzneimittelversuche westlicher Unternehmen in der DDR ruft den Ostbeauftragten der Bundesregierung, Bergner, auf den Plan. Mögliche Entschädigungen müssten aus seiner Sicht "vor allem durch die Profiteure der Aktionen" gezahlt werden, sagt der CDU-Politiker.

Neubau des Universitätsklinikums am Krankenhaus Charité in Ostberlin im Jahr 1984.

Neubau des Universitätsklinikums am Krankenhaus Charité in Ostberlin im Jahr 1984.

(Foto: dpa)

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner, fordert eine vollständige Aufklärung gefährlicher Medikamententests westlicher Firmen in der D DR. "Die vorliegenden Fakten müssen rückhaltlos untersucht und die Hintergründe aufgeklärt werden", sagte der CDU-Politiker der in Halle/Saale erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Es wäre ein schwerer Skandal, wenn tausende DDR-Bürger - vermutlich sogar unter Verletzung von Rechtsvorschriften der DDR - zu billigen und wohlfeilen Versuchskaninchen gemacht worden wären."

Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet, bis zum Mauerfall seien in mehr als 50 DDR-Kliniken unter anderem Herzmedikamente und Antidepressiva getestet worden - oft ohne Wissen der Betroffenen. Das Magazin beruft sich auf bislang unbekannte Akten des DDR-Gesundheitsministeriums, der Stasi und des Instituts für Arzneimittelwesen der DDR.

West-Pharmahersteller gaben demnach bei DDR-Kliniken mehr als 600 Arzneimittelversuche in Auftrag. Dabei kam es dem Bericht zufolge zu zahlreichen Todesfällen, auch wurden Tests wegen Nebenwirkungen abgebrochen.

Vaatz für strafrechtliche Konsequenzen

Bergner sagte, ihn erschütterten insbesondere die Hinweise auf offenbar konspirative Verhandlungen zwischen DDR-Funktionären und Konzernmanagern. Das klinge sehr nach vorsätzlicher Missachtung medizinethischer Grundsätze unter Umgehung der zuständigen Kontrollbehörden. Derartige Vergehen "verlangen eigentlich nach strafrechtlicher Aufarbeitung", sagte er weiter. Mögliche Entschädigungen müssten aus seiner Sicht "vor allem durch die Profiteure der Aktionen" gezahlt werden.

Entschädigungen und strafrechtliche Konsequenzen forderte auch Unionsfraktionsvize Arnold Vaatz. "Wenn es zu körperlichen Schäden bis hin zur Todesfolge gekommen ist, dann stellt sich die Frage nach Schadenersatz und Ausgleichszahlungen. Und dann ist auch die Frage nach der strafrechtlichen Verantwortung zu beantworten", sagte Vaatz der "Berliner Zeitung". Es handele sich um ein Offizialdelikt, bei dem die Staatsanwaltschaft von sich aus tätig werden müsse. Wenn die Fälle aber in kein rechtliches Schema passten, müsse sich der Gesetzgeber damit befassen.

Quelle: ntv.de, AFP

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