"ESM-Verschiebung peinlich" Özdemir attackiert Merkel
23.06.2012, 05:41 Uhr
Cem Özdemir plädiert weiter für einen Schuldentilgungsfonds.
(Foto: picture alliance / dpa)
Den Bundestagsabgeordneten steht wohl ein unruhiger Sommer bevor. Grünen-Chef Özdemir erwartet wegen der Verzögerung des dauerhaften Rettungsschirms ESM mit Sondersitzungen in Berlin. Gleichzeitig kritisiert er Kanzlerin Merkel wegen ihres angeblichen Zögerns in der Eurokrise.
Grünen-Chef Cem Özdemir rechnet wegen der Verzögerung beim dauerhaften Rettungsschirm ESM und der Entwicklung in der Eurozone mit Sondersitzungen des Bundestags in der Sommerpause. "Es drohen ungemütliche Wochen", sagte er. "Der Zinsdruck nimmt nach wie vor speziell auf Spanien und Italien zu. Und beide Länder drohen unter den Euro-Rettungsschirm ESM schlüpfen zu müssen - und das bevor er überhaupt aufgespannt ist", so Özdemir. Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse sich der Problematik stärker stellen, ein Zögern werde die Kosten der Eurokrise immer weiter verteuern.
Die Verschiebung des für den 1. Juli geplanten ESM wegen Bedenken des Bundesverfassungsgerichts mache die Lage schwieriger. "Das ist sehr peinlich für Frau Merkel, man hätte sich das alles sparen können. Die Verknüpfung zwischen ESM und Fiskalpakt ist ja zustande gekommen wegen Problemen innerhalb der Koalition", sagte Özdemir. "Wir hatten angeboten, den ESM deutlich früher zu beschließen." Es sei kein gutes Signal, wenn die größte Volkswirtschaft in Europa bei der ESM-Ratifizierung in Zeitdruck komme. "Frau Merkel hat zum wiederholten Male ein 'ungenügend' vom Verfassungsgericht bekommen."
Özdemir bekräftigte, dass die Grünen einen Schuldentilgungsfonds für sinnvoll halten, auch wenn sie sich damit nicht durchsetzen konnten. "Wir halten einen europäischen Schuldentilgungspakt für ein zentrales Instrument, um die Krisenstaaten vom Zinsdruck zu entlasten, und werden das auch weiterhin immer wieder auf die Tagesordnung bringen."
Planung bis zur eigenen Nasenlänge
Allein mit der Zahlung von möglichen Hilfen an Spanien wäre der ESM praktisch aufgebraucht. Italien könne dann gar nicht mehr aufgefangen werden. "Darauf hat diese Bundesregierung keine Antwort." Sie plane immer nur maximal bis zur eigenen Nasenlänge. "Auch in Griechenland haben wir nur Zeit gewonnen, die Situation ist aber mitnichten gelöst."
Zudem müssten dringend die Menschen mehr beteiligt, müsse besser erklärt werden, warum die Politik Fiskalpakt und ESM für notwendig halte. "Wir müssen auch aufpassen, dass die europäischen Parlamente nicht unter die Räder geraten bei den Rettungsbemühungen. Darüber könnten wir auch die Öffentlichkeit stärker einbinden", sagte Özdemir. Er vermisse eine große Ansprache von Kanzlerin Merkel an die Bevölkerung, in der sie erkläre, worum es in Europa geht und was es kosten würde, wenn etwa Griechenland den Euro aufgeben müsste.
Quelle: ntv.de, dpa