Streit um Quadriga-Preis für Putin Özdemir verlässt Kuratorium
12.07.2011, 13:23 Uhr
Rückzug: Özdemir will nicht mehr im Kuratorium mitarbeiten.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Streit um die geplante Auszeichnung des russischen Premiers Putin eskaliert. Aus Protest zieht sich Grünen-Chef Özdemir aus dem Quadriga-Kuratorium zurück. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung nennt die Auszeichnung "geradezu zynisch". Das Kuratorium hält an der Preisvergabe aber fest.
Im Streit um die geplante Auszeichnung des russischen Regierungschefs Wladimir Putin mit dem Quadriga-Preis zieht nun der erste Kritiker Konsequenzen: Grünen-Chef Cem Özdemir hat seinen Rückzug aus dem zuständigen Kuratorium erklärt.
"Der Quadriga-Preis sollte nach meinem Verständnis an Personen verliehen werden, die sich besonders um die Demokratie und ihre Förderung verdient gemacht haben", erklärte Özdemir. "Wladimir Putin sehe ich nicht in dieser Reihe." Er habe einer Ehrung Putins im Kuratorium des Vereins Werkstatt Deutschland bereits am 15. Juni widersprochen, hob Özdemir hervor. Berichte, er habe sich bei dieser konkreten Frage enthalten, seien "nachweislich falsch und entbehren jeder Grundlage".
Der renommierte Quadriga-Preis wird von Werkstatt Deutschland verliehen an "Vorbilder, die Aufklärung, Engagement und Gemeinwohl verpflichtet sind". Auf der Internetseite heißt es: "Die Quadriga ist all jenen gewidmet, durch deren Mut Mauern fallen und deren Engagement Brücken baut." Sie würdige Persönlichkeiten und Projekte, deren Denken und Handeln auf Werte baue.
Erneutes Krisentreffen

Dass ausgerechnet Putin für die Förderung der Aufklärung ausgezeichnet werden soll, ist höchst umstritten.
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Die Entscheidung des 20-köpfigen Vereinskuratoriums, den Preis in diesem Jahr für seine Verdienste um die deutsch-russischen Beziehungen Putin zu verleihen, hatte in den vergangenen Tagen heftige Kritik ausgelöst. In einer Krisensitzung beriet das Kuratorium deshalb über die Preisvergabe. In einer Stellungnahme bekräftigten die Mitglieder im Anschluss, Putin solle trotzdem den deutschen Einheitspreis Quadriga erhalten. Er werde wegen seiner "Verdienste für die Verlässlichkeit und Stabilität der deutsch-russischen Beziehungen ausgezeichnet", hieß es.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, kritisierte die geplante Ehrung für Putin ebenfalls scharf. "Wladimir Putin durch die Verleihung des Quadriga-Preises in eine Reihe mit Michail Gorbatschow und Vaclav Havel zu stellen, ist geradezu zynisch", sagte er dem "Spiegel". Putin habe als russischer Staats- und Ministerpräsident die Demokratie zurückgebaut, Freiheiten eingeschränkt, den Rechtsstaat ausgehöhlt und Russland der Korruption preisgegeben, kritisierte Löning, der derzeit Außenminister Guido Westerwelle in New York begleitet.
Bundeswehr ist Preisträger
Putin will sich nach Angaben seines Sprechers vorerst nicht zu dem Streit äußern. "Kein Kommentar", sagte Dmitri Peskow auf Anfrage der russischen Zeitung "Iswestija". Offenbar hatten sich Vertreter des Vereins Werkstatt Deutschland im März mit Putins außenpolitischem Berater über die Preisverleihung abgestimmt. Im Gespräch ist die Ehrung demnach bereits seit dem Jahreswechsel gewesen.
Zu den Preisträgern des vergangenen Jahres gehörte übrigens unter anderem auch die Bundeswehr, vertreten durch den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Generalleutnant Günter Weiler. Unter dem Titel "Dienst der Verantwortung" wurde die deutsche Truppe für "Loyalität, Sicherheit, Tapferkeit" ausgezeichnet. Weitere Preisträger 2010 waren der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou (Laudator: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann), Finanzminister Wolfgang Schäuble und Lothar de Maizière.
Quelle: ntv.de, tis/dpa/AFP