Zölibat "ein Akt des Vertrauens" Papst bittet um Vergebung
11.06.2010, 11:40 UhrPapst Benedikt XVI. bittet angesichts zahlloser Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche "Gott und die betroffenen Menschen" um Vergeben, verteidigt aber zugleich das Priestertum mit Pflichtzölibat. Die Ehelosigkeit sei kein "Skandal", sondern das "beste Gegenmittel gegen andere Skandale".
Papst Benedikt XVI. hat zum Ende des von Missbrauchskandalen überschatteten Priesterjahres um Vergebung gebeten. Zugleich verteidigte er das Priesteramt. "Auch wir bitten Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen", sagte der Papst bei einer abschließenden Messe vor rund 15.000 Priestern auf dem Petersplatz. Es war die bislang deutlichste Distanzierung des katholischen Kirchenoberhaupts von den zahlreichen Fällen der Misshandlung Minderjähriger durch katholische Geistliche, die in den vergangenen Jahren aufgedeckt wurden.
Gleichzeitig trat Benedikt den Geistlichen zur Seite. Das Priestertum sei "nicht einfach Amt, sondern Sakrament". Mit dem Priester bediene sich Gott "eines armseligen Menschen", um "durch alle menschliche Schwachheit hindurch seine Liebe in dieser Welt praktisch werden" zu lassen, sagte der Papst. Dass ausgerechnet das Jahr des Priesters von den Skandalen überschattet wurde, wolle die Kirche als "Auftrag zur Reinigung, der uns in die Zukunft begleitet", verstehen.
Zölibat als "Gegenmittel"

Wie soll es weitergehen mit der Suche nach den "verlorenen Schafen", wenn es so viel Sünde in den eigenen Reihen gibt?
(Foto: dpa)
Bei einer Gebetswache hatte der Papst am Vorabend das durch die Missbrauchsskandale unter Beschuss geratene Eheverbot für katholische Priester (Zölibat) verteidigt. Die heutige Gesellschaft würde den Zölibat als "großen Skandal" empfinden. Er sei hingegen das "beste Gegenmittel gegen andere Skandale, die durch unsre menschlichen Unzulänglichkeiten verursacht werden", so Benedikt. Die Ehelosigkeit sei ein zentraler Bestandteil des Priesterseins, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Sie sei "ein Akt des Vertrauens und der Treue zu Gott".
Mit seiner Initiative zum Priesterjahr wollte der Papst den "Wert der Mission der Priester in der Kirche und der Welt" stärken. Doch wegen des schweren Missbrauchsskandals vor allem in der irischen und deutschen Kirche hat das im Juni 2009 eingeleitete "Jahr der Priester" die vom Papst gewünschte Wertschätzung nicht gebracht.
Disput über Ehelosigkeit
Angesichts der Missbrauchsvorfälle in kirchlichen Einrichtungen war der Zölibat in den vergangenen Monaten nicht zuletzt auch in Deutschland aufs Neue heftig diskutiert worden. Neben anderen hatte sich vor kurzem auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, für eine Lockerung des Zölibats ausgesprochen. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, setzte sich für eine Aufhebung des Pflichtzölibats der Priester ein.
Reformer verlangen Neuanfang
Reformkräfte verlangen von dem konservativen Papst eine tatsächliche Umkehr, für den es jedoch auch im sechsten Jahr des Pontifikats von Benedikt XVI. keine Anzeichen gibt. Der Kirchenführer solle "das stark beschädigte Priestertum durch die Weihe von Frauen heilen", verlangen die Frauenordinations-Bewegungen. Sie sprechen von den skandalösen Verirrungen, "die von einer männlichen Priesterschaft mit erzwungener Enthaltsamkeit verursacht werden können."
Führende Kirchenleute sehen allerdings keinen Zusammenhang zwischen Missbrauchsfällen und dem Zölibat.
Priester lässt sich suspendieren
Im thüringischen Pößneck ist dieser Tage ein katholischer Pfarrer suspendiert worden, weil er nicht mehr ehelos leben wollte.
Nach "Vorwürfen" aus der Gemeinde habe es ein Gespräch mit Bischof Joachim Wanke gegeben, bestätigte das Bistum Erfurt einen Bericht der "Ostthüringer Zeitung". Dabei sei dem Pfarrer eine Frist gestellt worden. Er soll seit längerem in einem eheähnlichen Verhältnis leben. Wanke bat daraufhin um seine Suspendierung und verließ kurz darauf das Pfarrhaus.
Zuletzt sei im Bistum Erfurt 1997 ein Pfarrer entlassen worden, der das Zölibat nicht eingehalten hatte.
Quelle: ntv.de, hdr/dpa/AFP