Politik

Roma-Streit: Merkel hält sich raus Paris gibt sich empört

Frankreich verbittet sich die Kritik der EU-Kommission an der Abschiebung von Roma. Luxemburg warnt vor Nachahmern im Osten Europas. Und Bundeskanzlerin Merkel will sich öffentlich nicht positionieren.

Ein Roma nach seiner Ankunft aus Frankreich in Bukarest.

Ein Roma nach seiner Ankunft aus Frankreich in Bukarest.

(Foto: REUTERS)

Die gezielte Abschiebung von Roma aus Frankreich hat zu einem offenen Schlagabtausch in der EU geführt. Nachdem die französische Regierung sich am Mittwoch Kritik der EU-Kommission verbat, sprang Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn der Brüsseler Behörde ausdrücklich bei. Er warf Frankreich vor, das Ansehen der EU in der Welt zu schädigen. Etliche EU-Regierungen fürchten, dass der Streit nun am Donnerstag auch den EU-Gipfel in Brüssel überschatten könnte.

Am Morgen hatte Frankreichs Europaminister Pierre Lellouche sich zunächst gegen Vergleiche der EU-Kommission mit der Nazi-Zeit gewehrt. "Ein Flugticket zurück in das EU-Herkunftsland ist nicht das gleiche wie Todeszüge und die Gaskammern", sagte Lellouche. Auch das Büro von Präsident Nicolas Sarkozy erklärte, die Bemerkungen von EU-Justizkommissarin Viviane Reding seien "einfach inakzeptabel".

Reding hatte eine Klage gegen Frankreich mit den Worten begründet, dass die Ausweisungsanordnung eine "Schande" sei und hinzugefügt: "Ich dachte, das ist eine Situation, die Europa nach dem Zweiten Weltkrieg nicht noch einmal erleben müsste." EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, Reding habe keine Parallelen zur Verfolgung von Minderheiten im Zweiten Weltkrieg ziehen wollen und stellte sich in der Sache voll hinter die Luxemburgerin.

Reding stellte später klar, ihre Äußerungen stünden in keinem Zusammenhang mit Geschehnissen während des Zweiten Weltkriegs.

Luxemburg warnt vor Nachahmern in Osteuropa

Frankreich hat in diesem Jahr mehr als 8000 Roma ausgewiesen und in ihre Heimatländer zurückgeschickt, die EU-Staaten Bulgarien und Rumänien. Luxemburgs Außenminister Asselborn warnte Frankreich davor, damit die gesamte EU zu beschädigen. "Das ist etwas, was nicht passt zum Geist unserer Verträge und zum Geist, was Europa als Wert darstellt", betonte er.

Zudem warnte Asselborn vor negativen Effekten auf andere EU-Staaten, die wie die Slowakei und Rumänien ohnehin in der Kritik wegen ihrer Behandlung der Roma-Bevölkerung stehen. "Ein Land wie Frankreich, das mit Deutschland die EU führt, muss eine große Sensibilität haben." Es genieße den Ruf als Land der Menschen- und Bürgerrechte. "Alle Signale, die da in eine falsche Richtung gehen, werden natürlich die Gefahr beherbergen, dass andere Länder auch im Osten Europas ... dies nachahmen." Frankreich müsse seine Praxis der Abschiebung ändern. "Ich erwarte ganz einfach einen Stopp dieser Politik."

Merkel will keine Position beziehen

Der EU-Gipfel sei eine gute Gelegenheit, um den französischen Präsidenten von der Politik abzubringen, betonte Asselborn. Dagegen dämpfte die Bundesregierung die Erwartung, dass das Roma-Thema auf dem EU-Treffen besprochen werde. "Es handelt sich um ein bilaterales Thema zwischen Paris und Brüssel", hieß es in Regierungskreisen. Zugleich wurde offensichtlich, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel in dem Streit keine klare Position beziehen will. Zwar sieht man auch in Berlin die Gefahr, dass mit der Roma-Abschiebung eine ethnische Gruppe stigmatisiert werde. Zugleich will sich Merkel aber nicht offen gegen den französischen Partner stellen.

Deshalb rief die Bundesregierung vor allem zur Mäßigung auf. Es sei das gute Recht der EU-Kommission, zu den Vorgängen in Frankreich Stellung zu nehmen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Solche Stellungnahmen sind manchmal nützlicher, wenn sie im Ton gemäßigter ausfallen."

Zugleich betonte der Regierungssprecher aber, für die Bundesregierung sei vollkommen klar, dass das Freizügigkeitsrecht in der EU vorbehaltlos gelte. Auch dürften ethnische Minderheiten nicht diskriminiert werden. Ebenso vorbehaltlos gälten die europäischen Grundrechte.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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