Machtprobe in Ägypten Parlament fordert Militär heraus
10.07.2012, 11:35 Uhr
Demonstranten demonstrieren gegen Präsident Mohammed Mursi.
(Foto: dpa)
Der Auflösungs-Anordnung des Militärs zum Trotz treffen die Abgeordneten des ägyptischen Parlaments zusammen. Jetzt stellt sich die Frage, wie das Militär auf die Provokation reagiert. Unterdessen warnt Außenminister Westerwelle die Ägypter vor einem Machtkampf.
In Ägypten sucht das Parlament die offene Machtprobe mit dem Militär: Trotz der angeordneten Auflösung kamen die Abgeordneten zu einer Sitzung zusammen. Das Staatsfernsehen übertrug die Eröffnungsrede von Parlamentspräsident Saad al-Katatni. Offen blieb, wie das Militär auf die Provokation reagieren will. Das Parlament ist von islamistischen Kräften dominiert. Wie der neue Präsident Mohammed Mursi stammt auch Katatni von der einflussreichen Muslimbruderschaft.
Der Machtkampf zwischen dem Militär und dem Lager der gemäßigten Islamisten hatte sich zuletzt verschärft. So hatte Mursi am Wochenende erklärt, dass die Parlamentarier bis zu Neuwahlen wieder zusammenkommen sollten. Damit griff er die Autorität des Militärs an, das nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichts noch vor Mursis Wahl die Auflösung angeordnet hatte. Am Montag erklärte das Verfassungsgericht Mursis Dekret zur Wiedereinsetzung des Parlaments dann für ungültig und warnte den Präsidenten, dass niemand über der Verfassung stehe.
Mehrere Klagen gegen Mursi laufen
Der Gerichtshof sollt noch über mehrere Klagen gegen Mursis Vorgehen entscheiden. Bundesaußenminister Guido Westerwelle will in Kairo mit Mursi zusammenkommen, um über die politische Lage zu beraten. Ähnlich wie US-Außenministerin Hillary Clinton warnte auch Westerwelle, dass Ägypten die Errungenschaften des arabischen Frühlings nicht aufs Spiel setzen dürfe und die Demokratisierung vorantreiben müsse. In einem Interview des Deutschlandfunks sagte Westerwelle: "Uns ist es wichtig, dass im Wissen auch um die große Verantwortung für die Zukunft Ägyptens bald eine gute Lösung gefunden wird und dass kein Demokratievakuum entsteht."
Eine Verbesserung der Lebensverhältnisse in Ägypten hänge vor allem von neuen Investitionen ab, sagte der FDP-Politiker. So hätten deutsche Unternehmen großes Interesse, in dem nordafrikanischen Land zu investieren. "Aber dafür braucht es demokratisch stabile Verhältnisse", mahnte Westerwelle. Zugleich bekräftigte er das Angebot der Bundesregierung, Ägypten auf dem Weg zu einer dauerhaften und nachhaltigen Demokratie zu unterstützen.
Quelle: ntv.de, rts