Politik

Spannung bei britischem Wahlkrimi Parteien zittern um den Sieg

Es wird ein extrem knapper Ausgang erwartet.

Es wird ein extrem knapper Ausgang erwartet.

(Foto: AP)

Für Regierungschef Brown könnte die Parlamentswahl ein böses Ende nehmen. Als Favorit gilt sein konservativer Gegenspieler Cameron, wahlentscheidend könnten aber die Liberalen sein.

Könnte neuer Premier werden: Konservativen-Chef Cameron.

Könnte neuer Premier werden: Konservativen-Chef Cameron.

(Foto: dpa)

Eine Wahl so spannend wie ein Krimi: Millionen Briten haben bei einer Zitter-Wahl über ihre nächste Regierung entschieden. Die Parteien lieferten sich dabei einen erbitterten Wahlkampf-Endspurt, bei dem der Ausgang so offen wie selten war. Der Labour-Partei von Premierminister Gordon Brown drohte jedoch nach 13 Jahren an der Macht eine empfindliche Niederlage. Die konservativen Tories führten in letzten Umfragen, konnten aber auch nicht auf eine absolute Mehrheit zählen. Der Auszählung fieberten somit sowohl Politiker als auch Bürger entgegen.

Dabei könnte es zu einem Novum in der britischen Geschichte kommen: Schneiden die kleineren Liberaldemokraten wirklich so gut ab wie in den Umfragen vorausgesagt, könnten sie erstmals in ihrer Parteigeschichte mitregieren.

Clegg mit seiner Ehefrau, der gebürtigen Spanierin Miriam Gonzalez Durantez, nach der Stimmabgabe.

Clegg mit seiner Ehefrau, der gebürtigen Spanierin Miriam Gonzalez Durantez, nach der Stimmabgabe.

(Foto: REUTERS)

44 Millionen Wahlberechtigte waren dazu aufgerufen, in 649 Wahlkreisen einen Abgeordneten für das Unterhaus zu wählen. Die Wahlbeteiligung wird mit rund 66 Prozent deutlich höher erwartet als bei der zurückliegenden Wahl 2005, als 61,4 Prozent der Stimmberechtigten an die Urnen gingen.

In letzten Umfragen lagen die Tories von Parteichef David Cameron bei rund 36 Prozent der Stimmen, Labour bei 28 Prozent und die Liberaldemokraten von Parteichef Nick Clegg bei 26 Prozent. Das würde auf ein sogenanntes "hung parliament" hindeuten, ein Parlament mit unklaren Mehrheiten. Das gab es in Großbritannien zuletzt 1974. Für eine absolute Mehrheit der Sitze bräuchte Cameron nach Berechnungen von Wahlforschern rund 41 Prozent der Stimmen.

Brown bangt um sein Amt

Muss um sein Amt fürchten: Brown mit Ehefrau Sarah.

Muss um sein Amt fürchten: Brown mit Ehefrau Sarah.

(Foto: REUTERS)

Premier Brown ging zwar am Donnerstag in seinem schottischen Wahlkreis mit einem Lächeln zur Stimmabgabe, er musste aber gewaltig um sein Amt bangen. Der angeschlagene Regierungschef kämpfte nicht nur für eine vierte Amtszeit seiner Labour-Partei, sondern auch ums eigene politische Überlegen. Eine Niederlage wäre dramatisch für ihn, da er sich zum ersten Mal als Premier zur Wahl stellte. Brown hatte vor knapp drei Jahren das Amt von Tony Blair ohne Neuwahl übernommen. Die meisten großen Zeitungen hatten sich offen gegen Brown und Labour ausgesprochen. Möglich war auch, dass er bei einer heftigen Schlappe für Labour rasch als Parteichef zurücktritt.

Die Wahl war auch deshalb so spannend, weil die Optionen danach so vielfältig sind: So könnte es sowohl zu einer Minderheitsregierung kommen, bei der sich eine der großen Parteien von kleineren regionalen Gruppen aus Schottland, Nordirland und Wales tolerieren lässt. Aber auch eine Koalition zwischen Tories oder Labour mit den Liberaldemokraten ist möglich, bei der die kleinere Partei auch Ministerämter besetzt.

Bedingung für Verhandlungen mit den "Lib Dems" wird deren erklärter Wunsch sein, das britische Mehrheitswahlrecht zu reformieren. Denn das benachteiligt kleine Parteien extrem. Die drittgrößte und lange weitgehend unbeachtete Partei hatte sich vor allem mit gefeierten Auftritten ihres Chefs Clegg bei drei TV-Debatten vom Außenseiter zur echten Alternative gemausert.

Es ist Wahl - und viele gehen hin

Die Wahllokale füllten sich schon in den Morgenstunden. "Die Wähler strömen geradezu bei uns herein, seit wir aufgemacht haben", sagte ein Helfer in London. "Das ist eine historische Wahl, und ich möchte, dass sich etwas am System ändert", sagte die 25 Jahre alte Wählerin Mariam Kemple in einem Londoner Wahllokal.

Im Blitzlichtgewitter der Fotografen wählten die Spitzenkandidaten. Cameron konnte erst mehr als zwei Stunden später als geplant sein Kreuzchen machen, weil sich auf dem Dach seines Wahllokales in der Grafschaft Oxfordshire politische Gegner versammelt hatten. Brown musste gegen Nieselregen in North Queensferry in der Nähe von Edinburgh ankämpfen. Clegg wählte in Sheffield. Alle drei brachten ihre Ehefrauen mit, wobei Cleggs Frau Miriam González Durántez als einzige nicht wählen durfte, weil sie spanische Staatsbürgerin ist.

Eigentlich sind die Briten daran gewöhnt, dass sie innerhalb weniger Stunden eine neue Regierung haben. Der Wahlsieger fährt traditionell am Tag nach der Wahl zur Queen, die ihn mit der Regierungsbildung beauftragt. Am 25. Mai ist die Thronrede angesetzt, bei der die Queen das Regierungsprogramm für das erste Jahr der Legislaturperiode verliest.

Quelle: ntv.de, dpa

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